Frauen in der CDU:Ein neues Symbolbild

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Vier Sozialdemokratinnen: Anke Rehlinger, Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Franziska Giffey (von links) vor dem Bundestag. (Foto: imago)

Bald stehen in vier Bundesländern Sozialdemokratinnen an der Spitze. Wer an mächtige Frauen denkt, denkt nicht mehr an Christdemokratinnen. CDU-Chef Merz will das ändern - sagt aber nicht wie.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es sind nur zwei Bilder. Aber sie zeigen auf beispielhafte Weise, was sich in den vergangenen Jahren verschoben hat. Die CDU war nie eine feministische Partei, sie ist zu keiner Zeit als Vorkämpferin für die Gleichstellung aufgefallen. Aber sie war die Partei, die die erste Kanzlerin, die erste EU-Kommissionspräsidentin und die ersten beiden Verteidigungsministerinnen hervorgebracht hat. Das Bild, auf dem Angela Merkel, Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer nebeneinander im Schloss Bellevue sitzen, wurde zu einem Symbolbild dafür, wie stark sich Deutschland verändert hat. Und es gereichte auch der CDU zum Vorteil.

Doch inzwischen gibt es ein neues Symbolbild. Es zeigt Malu Dreyer, Franziska Giffey, Manuela Schwesig und Anke Rehlinger vor dem Bundestag. Vier Sozialdemokratinnen, die bald vier Bundesländer führen. Wer an mächtige Frauen denkt, denkt jetzt nicht mehr an Christdemokratinnen. Und das ist ein gewaltiges Problem für die CDU.

Es ist kein Wunder, dass die CDU vor allem bei Frauen an Zuspruch einbüßt

Merkel, von der Leyen und Kramp-Karrenbauer haben lange verdeckt, dass es in der CDU unterhalb der Spitze noch gewaltige Defizite gibt. Jetzt sind Merkel und Kramp-Karrenbauer im politischen Ruhestand - und von der Leyen sitzt weit weg in Brüssel. Die Malaise in der CDU lässt sich nicht mehr kaschieren. Der Partei- und Fraktionsvorsitzende ist ein Mann. Der Generalsekretär ist ein Mann. Die Bundesvorsitzende der Frauenunion wurde kürzlich aus dem Präsidium gewählt. In keinem einzigen Bundesland steht eine Frau an der Spitze der CDU. Es gibt keine CDU-Ministerpräsidentin mehr - dabei haben vor acht Jahren SPD und Union noch gleich viele Ministerpräsidentinnen gestellt. Abgesehen von Ines Claus in Hessen gibt es in keinem Landtag eine CDU-Fraktionsvorsitzende. Und nur zwölf Prozent der CDU-Kreisvorsitzenden sind weiblich.

Frauen vorn - so war es 2019 in der CDU (von rechts): Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die damalige CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Angesichts dessen ist es kein Wunder, dass die Partei bei den Frauen besonders viel Zuspruch eingebüßt hat. Bei der Bundestagswahl 2017 wählten noch 29,8 Prozent der Frauen und 23,5 Prozent der Männer CDU. Bei der Wahl im vergangenen September ist dieser Frauenbonus fast komplett verschwunden. Es votierten nur noch 19,5 Prozent der Frauen für die CDU - bei den Männern kam die Partei auf 18,2 Prozent.

Dass das eine gefährliche Entwicklung ist, weiß auch CDU-Chef Friedrich Merz. Im Mai wird in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gewählt. Wenn die CDU nach der saarländischen Staatskanzlei auch die Staatskanzleien in Kiel und Düsseldorf verlieren sollte, würde Merz in schwieriges politisches Fahrwasser geraten.

Das Frauendefizit bringt auch Parteichef Friedrich Merz in Bedrängnis

Am vergangenen Montag hat Merz nach Sitzungen der CDU-Spitze auf die Frage, ob das Frauendefizit ein Problem für die nächsten Landtagswahlen sei, geantwortet: "Eindeutig ja!" Er habe das Thema deshalb in den Sitzungen von sich aus "sehr deutlich und sehr klar angesprochen und gesagt, dass das nicht so bleiben kann". Die CDU werde sich "mit diesem Thema auseinandersetzen müssen", sagte Merz. Denn man sehe, "dass wir hier ein gehöriges Defizit haben - auch in der Erscheinungsweise und in der Zusammensetzung unserer Führungsgremien". Er sei "fest entschlossen", das zu ändern. Das sei aber "mühsam, das geht nicht über Nacht". Wie er das ändern will, das hat Merz aber nicht gesagt.

Bisher gibt es in der CDU nur das sogenannte "Quorum": Gremien und Parteilisten sollen im Prinzip mindestens zu einem Drittel aus Frauen bestehen, doch es gibt viele Schlupflöcher. In der Praxis wird das Quorum deshalb manchmal nicht eingehalten. Die Satzungskommission der CDU hat deshalb bereits im Juli 2020 die Einführung einer verbindlichen Frauenquote vorgeschlagen. Der Beschluss, auf den sich die Kommission nach langem Ringen verständigt hat, sah vor, dass bei Vorstandswahlen von der Kreisebene aufwärts ab 1. Januar 2021 eine Frauenquote von 33,3 Prozent gilt. 2023 soll die Quote auf 40 und 2025 auf 50 Prozent steigen. Derzeit liegt der Frauenanteil in der Partei im Bundesdurchschnitt bei 26,6 Prozent. Selbst unter den Neueintritten beträgt er nur 28,8 Prozent.

Doch der Vorschlag der Satzungskommission ist bis heute nicht umgesetzt worden. Zur Einführung der Quote bedarf es einer Satzungsänderung. Satzungsänderungen können aber nur von Präsenzparteitagen beschlossen werden - und wegen der Pandemie hat es seit dem Vorstoß der Satzungskommission keinen Präsenzparteitag mehr gegeben.

Vor allem aber muss jetzt Merz erklären, was er will. Mario Czaja, sein Generalsekretär, hat sich bereits im vergangenen November für eine Frauenquote ausgesprochen. Merz drückt sich dagegen immer noch um eine eindeutige Aussage für oder gegen die Quote.

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