Parität:Erheblicher Widerstand gegen CDU-Frauenquote

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CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: dpa; Bearbeitung SZ)

Die Satzungskommission hat sich für verbindliche Quoten ausgesprochen - und damit die Partei in Aufruhr versetzt. Die Befürworter hoffen, auf dem Parteitag trotzdem eine Mehrheit zu bekommen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es hat lange gedauert, sehr lange. Die Sitzung musste sogar mehrmals unterbrochen werden, so festgefahren waren die Gespräche. Doch um ein Uhr nachts war es vollbracht. Nach elf Verhandlungsstunden stand der Kompromiss: Auch in der CDU soll es künftig eine verbindliche Frauenquote geben - sie soll zunächst nur bei 30 Prozent liegen, doch bis 2025 auf 50 Prozent steigen.

Beschlossen hat das die Struktur- und Satzungskommission der CDU. Und wenn es tatsächlich so kommt, wäre es eine Zäsur in der Geschichte der Partei. Vor einem Vierteljahrhundert wurde das "Quorum" eingeführt. Seitdem sollen Gremien und Parteilisten der CDU im Prinzip mindestens zu einem Drittel aus Frauen bestehen, doch es gibt viele Schlupflöcher. In der Praxis wird das Quorum oft nicht eingehalten. Deshalb soll es jetzt durch eine verbindliche Quote ersetzt werden.

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CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wollte sich am Mittwoch dazu nicht öffentlich äußern. Zu groß ist die Sorge in der Parteizentrale, dass ein Statement, wie zufrieden man sei, von Quotengegnern als Provokation empfunden werden könnte - und die Sache doch noch scheitert. Denn um wirksam zu werden, muss die Quote auch noch vom CDU-Bundesparteitag im Dezember beschlossen werden. Doch wo die Parteivorsitzende steht, weiß man schon lange.

Bereits vor eineinhalb Jahren hat Kramp-Karrenbauer selbstbewusst erklärt: "Ich bin eine Quotenfrau." Dass sie da stehe, wo sie jetzt stehe, habe sie der Quote zu verdanken. Diese habe ihr am Anfang ihrer Karriere die Chance gegeben, erfolgreich für ein Mandat zu kandidieren. Die CDU-Chefin sprach damals aber auch davon, dass der Wunsch der Frauen-Union nach einer verbindlichen Quote "ein dickes Brett" sei. Und dass man an diesem Brett noch "ganz schön bohren" müsse, da die Widerstände groß seien. Auf dem letzten Bundesparteitag stellte die Frauen-Union einen lange vorbereiteten Antrag für die Quote im letzten Moment doch nicht zur Abstimmung - er wäre sicher durchgefallen. Doch jetzt scheinen die Frauen genügend gebohrt zu haben.

Der Beschluss der CDU-Satzungskommission sieht vor, dass bei Vorstandswahlen von der Kreisebene aufwärts vom 1. Januar 2021 an eine Frauenquote von 30 Prozent gilt. 2023 soll die Quote auf 40 und 2025 auf 50 Prozent steigen. Bei der Wahl der Delegierten für Parteitage auf Landes- und Bundesebene soll es eine dynamische Frauenquote geben. Sie liegt zunächst bei 30 Prozent. Wenn der Anteil der weiblichen Mitglieder in dem jeweiligen Verband über 30 Prozent steigt, soll sich die Quote auf 40 Prozent erhöhen. Und wenn der Frauenanteil unter den Mitgliedern über die 40-Prozent-Marke springt, steigt die Quote auf 50 Prozent. Derzeit liegt der Frauenanteil im Bundesdurchschnitt bei 26,5 Prozent.

Vorsitzender der Satzungskommission ist CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Der Vorschlag, mit dem er in die Sitzung gegangen ist, war weitreichender als das jetzt beschlossene Ergebnis. Ziemiak wollte zum Beispiel, dass die 50-Prozent-Quote in den Vorständen bereits zwei Jahre früher erreicht wird. Auch die Frauen-Union hatte mehr gefordert. Um einen Kompromiss zu ermöglichen, hatten Ziemiak und die Frauen aber Konzessionen gemacht. Am Ende stimmten 34 Kommissionsmitglieder für den Kompromiss, sieben votierten mit Nein, fünf enthielten sich.

Die Vertreter der Mittelstandsunion und des Rings Christlich-Demokratischer Studenten stimmten mit Nein oder enthielten sich. Beides war erwartet worden. Interessanter war das Abstimmungsverhalten der beiden Vertreter der Jungen Union. Die Jugendorganisation hat eine verbindliche Quote bisher vehement abgelehnt. In der Kommission stimmten aber die beiden Vertreter der JU, unter ihnen auch JU-Chef Tilman Kuban, für den Kompromiss. Kuban war am Ende der Auffassung, genügend Abschwächungen gegenüber dem Ziemiak-Vorschlag durchgesetzt zu haben. Auf dem nächsten Deutschlandtag der Jungen Union dürfte er wegen seines Abstimmungsverhaltens in der Kommission trotzdem deutlich in die Kritik geraten.

Die Quotengegner in der Satzungskommission zeigten sich bereits am Mittwoch unzufrieden über das Ergebnis. Jana Schimke, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Mittelstandsunion, sagte, sie habe mit Nein gestimmt, weil "eine Quote von 40 und 50 Prozent nicht dem Frauenanteil in der Mitgliedschaft entspricht - wenn Frauen künftig in der CDU deutlich leichter ein Amt bekommen können als Männer, ist das nicht gerecht". Ihre Mittelstandsunion werde deshalb jetzt beraten, ob sie Änderungsanträge zum Bundesparteitag einbringe. Dabei wolle man sich mit der Jungen Union und dem Ring Christlich-Demokratischer Studenten abstimmen.

Auch mehrere CDU-Bundestagsabgeordnete kritisierten den Kompromiss heftig. Der Trierer Abgeordnete Andreas Steier schimpfte etwa: "Sollte nicht Qualität statt Quote zählen? Ansonsten wäre ich dann auch gleich noch für eine Quote nach verschiedenen Berufsabschlüssen, nach Wirtschaftsbereichen und nach Berufsjahren außerhalb der Politik."

Dass es nicht einfach sein wird, auf dem Parteitag eine Mehrheit für die verbindliche Quote zu bekommen, wissen sie auch in der CDU-Zentrale. Dort sprach man am Mittwoch angesichts der Lage an der Basis von viel Kärrnerarbeit, die da noch zu leisten sei. Denn alle haben noch den Verlauf des letzten CSU-Parteitags vor Augen. Trotz der Unterstützung durch CSU-Chef Markus Söder scheiterte damals ein Antrag zur Verschärfung der Quote in der CSU. Es war die bisher schwerste Niederlage Söders als Parteivorsitzender.

Auch deshalb hat Ziemiak - der in seiner Zeit als JU-Vorsitzender übrigens auch ein Quotengegner war - in der Kommission Konzessionen gemacht. Denn auf dem CDU-Parteitag im Dezember wird ja auch ein neuer Vorsitzender gewählt. Die CDU steht ohnehin schon in der Kritik, dass nur Männer für den Vorsitz kandidieren. Wenn der Quotenantrag auf dem Parteitag scheitern sollte, wäre nicht nur der neue Vorsitzende politisch beschädigt - bei einer derart wichtigen Weichenstellung sollte man als Parteiführung keine Niederlage erleiden. Eine Niederlage würde auch die Wahrnehmung verstärken, dass nach zwanzig Jahren Frauen an der Parteispitze die alte männliche geprägte CDU wieder eine Renaissance erlebt.

Um eine Abstimmungsniederlage zu vermeiden, machte die Satzungskommission noch eine weitere Einschränkung. Bei Listenaufstellungen für Mandate in Parlamenten soll es zwar auch eine von 30 auf 50 Prozent aufwachsende Frauenquote geben. Diese soll aber nur für die ersten zehn Listenplätze gelten. Und sie soll nur, muss aber nicht eingehalten werden. Ob das reichen wird, um auf dem Parteitag eine Mehrheit für die Quote zu bekommen, weiß keiner.

© SZ vom 09.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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