Süddeutsche Zeitung

Parität:Merz gibt Widerstand gegen Frauenquote auf

Der CDU-Chef will auf dem nächsten Parteitag für die Einführung der Quote werben. Sie soll zunächst aber nur fünf Jahre gelten.

Von Robert Roßmann, Berlin

Mario Czaja versucht zwar, die erstaunliche Nachricht etwas zu verstecken. Der CDU-Generalsekretär spricht erst einmal über die Folgen der hohen Inflationsrate. Er redet über die geplante Reise des Bundeskanzlers in die Ukraine und über die Grundwerte-Charta der CDU. Aber dann kommt er doch zu dem Thema, das seine Partei gerade umtreibt: die Frauenquote.

Das Präsidium und der Bundesvorstand der CDU sind an diesem Mittwoch in Berlin zusammengekommen. Natürlich gibt es in Deutschland gerade wichtigere Themen als die Quote. Aber allen Teilnehmern ist klar, dass die CDU sich nicht mehr länger um die Frage herumdrücken kann. Eine Enthaltung sei keine Haltung, sagt Friedrich Merz gerne. Und an diesem Mittwoch hat er in den Parteigremien tatsächlich Position ergriffen: Merz will auf dem Parteitag im September dafür werben, dass auch in der CDU eine Frauenquote eingeführt wird.

Das ist eine Zäsur, die viele erst einmal verdauen müssen. Es waren doch gerade jene, die in Merz den Konservativen sahen, die ihn in den Parteivorsitz gehievt haben. Die Junge Union und der Wirtschaftsflügel zum Beispiel. Und jetzt will ausgerechnet dieser Merz eine Frauenquote einführen? Eine Quote, die in großen Teilen der Jungen Union und des Wirtschaftsflügels vehement abgelehnt wird? Eine Quote, von der auch Merz lange nichts gehalten hat? Dafür kann die Frauen Union, die Merz' Wahl an die Parteispitze immer verhindern wollte, jetzt jubeln. All das dürfte an der CDU-Basis noch für heftige Debatten sorgen.

Es ist also kein Wunder, dass Generalsekretär Czaja in seiner Pressekonferenz nach den Sitzungen versucht, dem Thema die Bedeutung zu nehmen. Es habe in den Gremien "natürlich eine Reihe von unterschiedlichen Auffassungen gegeben", sagt Czaja. Aber es habe im Vorstand keine Abstimmung dazu gegeben. Über die tatsächliche Einführung der Quote werde ja erst der Parteitag im September entscheiden. Und dort werde es natürlich eine breite Debatte geben.

Aber dann sagt Czaja halt auch, dass Merz deutlich gemacht habe, wofür er stehe. Dass er die Einführung der Quote jetzt unterstütze. Und weil klar ist, dass die Quote in der CDU bestenfalls dann durchsetzbar ist, wenn Merz für sie wirbt, ist das eine Zäsur.

Ab Juli 2025 sollen die Hälfte der Ämter an Frauen gehen

In den vergangenen Wochen hatte der CDU-Chef versucht, die parteiinternen Kontrahenten zu befrieden. Er hatte zum Beispiel mit Gitta Connemann, der Chefin des Wirtschaftsflügels, gesprochen. Und er hatte dabei erreicht, dass der Wirtschaftsflügel seinen Antrag auf eine Mitgliederbefragung über die Quote zurückzieht. Im Gegenzug erklärte Merz, dass die Quote dafür erst einmal nur fünf Jahre gelten und dann evaluiert werden solle.

Auf dem Parteitag im September soll jetzt mit Billigung von Merz über eine leicht veränderte Version des Vorschlags abgestimmt werden, den die Struktur- und Satzungskommission der CDU bereits vor zwei Jahren unterbreitet hat. Laut der jetzt vereinbarten Fassung soll es bei Vorstandswahlen von 1. Januar 2023 an eine Frauenquote von 33,3 Prozent geben. Am 1. Januar 2024 soll sie auf 40 und am 1. Juli 2025 auf 50 Prozent steigen. Bei Listenaufstellungen sollen diese Quoten für die ersten zehn Plätze erfüllt werden. Und gelten sollen all diese Quote dann mindestens bis 31. Dezember 2029.

Man hoffe, dass danach gar keine Quote mehr nötig sei, sagt Generalsekretär Czaja. Dass der Weg dahin aber ein langer werden dürfte, zeigen ein paar Zahlen: Derzeit liegt der Frauenanteil in der Partei im Bundesdurchschnitt bei 26,6 Prozent. Selbst unter den Neueintritten beträgt er nur 28,8 Prozent. In keinem einzigen Bundesland steht eine Frau an der Spitze der CDU. Im Bund sind der Partei- und Fraktionschef sowie der Generalsekretär Männer. Es gibt keine CDU-Ministerpräsidentin mehr. Und nur zwölf Prozent der CDU-Kreisvorsitzenden sind Frauen.

Bei der Bundestagswahl liefen der Partei die Frauen davon

Frauen an der CDU-Spitze wie Angela Merkel, Annegret Kramp-Karrenbauer oder Ursula von der Leyen haben diesen Mangel lange verdeckt. Im vergangenen September brach die Partei dann aber bei den weiblichen Wählern besonders stark ein. Bei der Bundestagswahl 2017 hatten noch 29,8 Prozent der Frauen und 23,5 Prozent der Männer für die CDU gestimmt. Bei der Wahl im vergangenen September ist dieser Frauenbonus dann fast komplett verschwunden. Es votierten nur noch 19,5 Prozent der Frauen für die CDU - bei den Männern kam die Partei auf 18,2 Prozent.

Es dürften auch Zahlen wie diese gewesen sein, die Merz jetzt zu seinem Kurswechsel veranlasst haben. Dass seine Mission nicht einfach werden wird, zeigt ein Blick zur Schwesterpartei. Markus Söder hatte 2019 eine Ausweitung der in der CSU geltenden Frauenquote durchsetzen wollen - und dabei eine schwere Niederlage erlitten.

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