Süddeutsche Zeitung

Frauen in der CDU:Ringen um die Quote

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Frauen sind in der CDU schwach vertreten - eine Satzungsänderung soll das jetzt ändern. Außerdem soll die Lesben- und Schwulenunion zu einem offiziellen Teil der Partei werden.

Von Robert Roßmann, Berlin

Wie groß ihr Problem mit den Frauen ist, beschreibt die CDU regelmäßig selbst. Denn die Satzung verpflichtet den Generalsekretär, "Berichte über die Gleichstellung von Frauen und Männern in der CDU" zu veröffentlichen. Und in denen wird fast nichts kaschiert. Im jüngsten Bericht heißt es zum Beispiel, nur sechs Prozent der CDU-Landesgeschäftsführer seien Frauen, der Anteil habe sich seit 1998 sogar halbiert. Auch in einigen Landtagen habe der Frauenanteil abgenommen. Im Bundestag seien lediglich 22 Prozent der CDU-Abgeordneten weiblich. Und nur in einem einzigen CDU-Landesverband stehe eine Frau an der Spitze.

An der misslichen Lage hat sich in der Ära Merkel kaum etwas geändert. Als Angela Merkel vor 20 Jahren zur Parteichefin gewählt wurde, lag der Frauenanteil unter den CDU-Mitgliedern bei 25 Prozent. Seitdem ist er nur um einen einzigen Prozentpunkt gestiegen. Die schlechte Bilanz liegt nach Meinung der Frauen Union auch daran, dass die Partei immer noch keine verbindliche Quote eingeführt hat. Bisher gibt es in der CDU lediglich ein "Quorum": Im Prinzip sollen Gremien und Parteilisten mindestens zu einem Drittel aus Frauen bestehen, doch es gibt viele Schlupflöcher. In der Praxis wird das Quorum deshalb oft nicht eingehalten. Nach jahrelangen Debatten will die CDU-Spitze das jetzt ändern.

Generalsekretär Paul Ziemiak ist auch Vorsitzender der Struktur- und Satzungskommission seiner Partei. Und in dieser Eigenschaft hat er nun einen weitgehenden Vorschlag zur Änderung der Parteisatzung gemacht. Das Papier liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Darin heißt es: "Frauen sollen an Parteiämtern in der CDU und an öffentlichen Mandaten gleich beteiligt sein." Um das zu erreichen, soll aus dem bisher geltenden Quorum eine verbindliche Quote werden. Zunächst soll diese Quote ein Drittel betragen, vom 1. Januar 2022 an 40 Prozent - und vom 1. Januar 2023 an 50 Prozent. Der Vorschlag muss jetzt zunächst von der Struktur- und Satzungskommission gebilligt werden. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat der Kommission keine Vorgaben machen wollen - sie hat aber in vielen Äußerungen ihre Präferenz für eine verbindliche Quote zum Ausdruck gebracht.

Die Satzungskommission kam am Dienstagnachmittag zu ihrer vierten und letzten Sitzung zusammen. Es wurde eine heftige Debatte erwartet. Eventuell sei eine Fortsetzung der Sitzung am Mittwoch nötig, hieß es. Gegner der Quote in der Kommission beklagten, sie seien von dem Vorschlag überrascht worden. Er spiegele nicht das Meinungsbild in den bisherigen Sitzungen wieder. Außerdem habe man den Vorschlag erst am Sonntagabend erhalten. Zu den Gegnern der Quote gehören unter anderen die Junge Union und die Mittelstandsunion.

Auch wenn die Kommission den Ziemiak-Vorschlag billigt, wäre es noch ein weiter Weg zu einer verbindlichen Quote. Im Oktober müsste sich dann auch der Bundesvorstand mit dem Vorschlag befassen - vor allem aber müsste er im Dezember vom Parteitag beschlossen werden. Und wie groß der Widerstand in der Union immer noch ist, hat der letzte CSU-Parteitag gezeigt. Trotz der vehementen Unterstützung durch CSU-Chef Markus Söder scheiterte ein Antrag zur Verschärfung der Quote in der CSU. Es war die bisher schwerste Niederlage Söders als Parteichef.

In der Sitzung der CDU-Kommission am Dienstag sollte auch über eine Reihe weiterer Satzungsänderungen beraten werden. Unter anderem möchte Generalsekretär Ziemiak, dass die Lesben- und Schwulenunion (LSU) eine offizielle Gliederung der Partei wird. Sie soll zu einer sogenannten "Sonderorganisation" werden - der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) ist das bereits. In dem Ziemiak-Vorschlag heißt es, Sonderorganisationen seien "ein Angebot zum Dialog zwischen der CDU und der Gesellschaft". Eine Aufwertung der ultrakonservativen Werte Union zu einer Sonderorganisation ist nicht vorgesehen.

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SZ vom 08.07.2020
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