Dominique Strauss-Kahn:Arbeiterführer im Porsche

Dominique Strauss-Kahn gilt als Hoffnungsträger der französischen Sozialisten. Doch ein Foto droht seinen Aufstieg zu stoppen. Es zeigt den Politiker, wie er in einen Porsche steigt. Kritiker schmähen DSK jetzt als volksfernen "Kaviarlinken" - dabei gehört das Auto ihm nicht einmal.

Stefan Ulrich, Paris

Es sind nur ein paar scheinbar belanglose Fotos. Sie zeigen einen älteren Herren und eine Dame, die in Paris in einen schwarzen Porsche Panamera S steigen. Ein Fotoreporter nahm sie vor einigen Tagen mit dem Teleobjektiv auf. Die Hauptstadtpresse verbreitete sie - und seither hat der Herr ein Problem. Die Aufnahmen haften an ihm wie Kletten. Immer wieder werden sie gezeigt, spielen Gegner und Parteifreunde mehr oder weniger hämisch darauf an. Die Bilder werden zur Bedrohung für den weiteren Aufstieg des Dominique Strauss-Kahn, des Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF) und Hoffnungsträgers der französischen Sozialisten.

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Eine Aufnahme, die wie eine Klette an dem Politiker haftet: Dominique Strauss-Kahn und seine Ehefrau steigen in einen Porsche Panamera.

(Foto: AFP)

Auf den Fotos ist DSK, wie er genannt wird, mit seiner Frau Anne Sinclair zu sehen. Der Porsche gehört nicht ihm selbst, sondern einem seiner Imageberater. Warum also die ganze Aufregung? "In Frankreich, dem Land der Revolution, passen Luxus und politische Korrektheit nicht zusammen", vermutet die Zeitung Le Monde. Das hätten auch Strauss-Kahn - und zumal sein Imageberater - wissen können. Nun schwillt die Kritik an, der IWF-Chef sei ein volksferner "Kaviarlinker", ein Vertreter jener "Bobos", die sich wie Bohémiens geben und wie Bourgeois leben. Die Rechte spottet, die Sozialisten tauschten ihr Parteisymbol aus: schwarzer Porsche statt rote Rose.

Dabei stand Strauss-Kahn noch vor wenigen Monaten scheinbar unangefochten dar. Die Beliebtheitswerte des 62 Jahre alten, hochintelligenten Ökonomen in Frankreich waren phantastisch. Es erschien als ausgemacht, dass er 2011 die Vorwahlen der Sozialisten und dann 2012 die französische Präsidentschaftswahl gegen den konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy gewinnen würde.

Einziges Manko des Kandidaten: ihm fehlte der sozialistische Stallgeruch. Als IWF-Chef in Washington musste er verschuldete Staaten wie Griechenland zu Sparhaushalten und Sozialabbau drängen, während seine Partei in Paris gegen Sarkozys Sparpolitik anrannte. Der linke Flügel der Sozialisten verdächtigte Strauss-Kahn daher, er sorge sich mehr ums Kapital als um die Arbeit. Und die extreme Linke in Frankreich, auf die die Sozialisten für einen Wahlsieg im Frühjahr 2012 und zum Regieren angewiesen wären, fragte sich, was einen Präsidenten Strauss-Kahn von einem Präsidenten Sarkozy unterscheiden würde.

Das Porsche-Foto ist nicht aus der Welt zu schaffen

Hinzu kam der Lebensstil des IWF-Chefs und seiner Frau, der nicht recht zum Arbeiterführer zu passen schien: das Haus im schicken Washingtoner Viertel Georgetown, das Ferienpalais in Marrakesch, das Riesen-Appartement an der legendären Pariser Place des Vosges, deren Paläste einst auf Geheiß König HeinrichsIV. erbaut wurden. Auch sonst schien es sich DSK gern sehr gut gehen zu lassen. Präsident Sarkozy, der selbst oft wegen neureicher Allüren kritisiert wurde, spottete: "Neben ihm würde ich als Methodisten-Pastor oder strenger Lutheraner durchgehen. Meine Uhr wirkt neben seiner wie ein ordinäres Modell."

Die Imageberater des IWF-Chefs hielten dagegen. Der Großteil des Vermögens gehöre der Ehefrau Strauss-Kahns, der bekannten Journalistin Anne Sinclair, die viel geerbt habe. Und auch wenn Strauss-Kahn als IWF-Chef sehr gut verdiene, so bedeute das nicht, dass er ein Präsident der Reichen werde. Doch ein Bild wirkt manchmal mehr als viele Worte. Das Porsche-Foto ist nicht aus der Welt zu schaffen. In der Parteizentrale der Sozialisten wird jetzt gemosert, Strauss-Kahn solle sich mal über seine Imageberater Gedanken machen.

Die Porsche-Geschichte fällt in eine Zeit, in der der IWF den Griechen weitere harte Sparmaßnahmen auferlegen will. Auch in Frankreich leiden viele an Arbeitslosigkeit, sinkender Kaufkraft und einem Staat, der spart. Zudem zeigt die Nation, die traditionell viel Wert auf Solidarität legt, Risse. Kommentatoren kritisieren, Reiche und Arme, Altbürger und Zuwanderer, Junge und Rentner lebten eher neben- oder gegeneinander als miteinander. Die Zweifel wachsen, ob Strauss-Kahn der richtige Mann ist, das zu tun, was Sarkozy bislang nicht gelungen ist: Frankreich wieder zu einen.

"Wir leben leider in einer Image-Gesellschaft, also müssen wir auf unser Image achten", sagt die sozialistische Ex-Justiz-Ministerin Marylise Lebranchu. Strauss-Kahn solle aufpassen. "Er muss den Franzosen sagen, dass er mit ihnen und wie sie leben kann." Auch Porsche France scheint sich um sein Image zu sorgen. Das Unternehmen hat nun Anzeigen geschaltet, auf denen ein Panamera S zu sehen ist. Darunter steht: "Porsche macht keine Politik. Nur schöne Autos."

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