Französische Justiz ermittelt in Bettencourt-Affäre:"Stinkbomben" gegen Sarkozy

Die Ermittler fahnden nach Beweisen für mögliche illegale Wahlkampffinanzierung. In der Bettencourt-Affäre sind Büro und Haus von Nicolas Sarkozy durchsucht worden. Besonders interessiert sich die Justiz für zwei Barabhebungen über je 400.000 Euro. Dem französischen Ex-Präsidenten droht nach Wegfall seiner Immunität noch weiterer Ärger.

Stefan Ulrich, Paris

Die französische Justiz ermittelt offenbar mit Hochdruck gegen Ex-Präsident Nicolas Sarkozy. Wie die Zeitung Le Monde berichtete, durchsuchten Finanzbeamte und ein Untersuchungsrichter am Dienstag den Wohnsitz Sarkozys und von dessen Frau Carla Bruni im 16. Arrondissement von Paris.

Anschließend überprüften sie eine Anwaltskanzlei, in der Sarkozy Räume besitzen soll, sowie Büros in der Nähe des Élysée-Palastes, die Sarkozy als früherem Staatschef zustehen. Die Beamten und der Richter suchten offenbar nach Beweisen, ob Sarkozy im Präsidentschafts-Wahlkampf 2007 illegale Parteispenden von Liliane Bettencourt, der reichsten Frau Frankreichs, erhalten hat.

Nach französischem Recht sind Parteispenden von Privatpersonen nur bis zu einer Höhe von 7500 Euro im Jahr erlaubt. Eine frühere Buchhalterin Bettencourts behauptet, der damalige Wahlkampf-Schatzmeister Sarkozys habe von der Familie Bettencourt Anfang 2007 insgesamt 150.000 Euro erhalten.

Mehrere Zeugen sagten aus, Sarkozy habe während des damaligen Wahlkampfes wiederholt in der Villa der Bettencourts im Pariser Prominenten-Vorort Neuilly-sur-Seine vorgesprochen, um Bargeld in Empfang zu nehmen. Als Präsident genoss der konservative Politiker jedoch Immunität vor Strafverfolgung. Diese ist nun, nach seiner Abwahl, erloschen.

Sarkozy hat die Vorwürfe als "Stinkbomben" zurückgewiesen. Während der Hausdurchsuchungen am Dienstag befand er sich auf einer Reise in Kanada. Sein Anwalt Thierry Herzog sagte, die Durchsuchungen "werden sich erwartungsgemäß als nutzlos erweisen". Herzog leitete der Justiz bereits Mitte Juni Terminkalender Sarkozys aus dem Jahr 2007 zu. Danach habe es nur ein einziges Treffen am 24. Februar mit Liliane Bettencourts inzwischen verstorbenem Ehemann André Bettencourt gegeben. Dies könnten die damaligen Personenschützer Sarkozys bezeugen.

Barabhebungen in Höhe von 400.000 Euro

Die Ermittler überprüfen insbesondere zwei Barabhebungen in Höhe von jeweils 400.000 Euro von Konten Bettencourts im Februar und April 2007. Beide sollen angeblich in zeitlichem Zusammenhang mit Treffen Sarkozys oder seiner Vertrauten mit der Familie Bettencourt erfolgt sein.

Gegen Sarkozys Parteifreund, den früheren französischen Arbeitsminister und Schatzmeister der konservativen UMP-Partei Éric Woerth, wird in der Affäre ebenfalls ermittelt. Die Justiz prüft zudem, ob das Präsidialamt während Sarkozys Amtszeit illegal Journalisten von Le Monde ausspionieren ließ, die im Fall Bettencourt ermittelten.

Dem Ex-Präsidenten droht nach Wegfall seiner Immunität noch weiterer Ärger mit der Justiz. So sollen Kommissionen aus einem französischen Waffengeschäft mit Pakistan nach Frankreich zurückgeflossen sein, um 1995 den Wahlkampf des damaligen Ministerpräsidenten und Präsidentschaftskandidaten Edouard Balladur zu finanzieren. Sarkozy war seinerzeit Kampagnensprecher Balladurs. Er bestreitet jedoch, von den Zahlungen gewusst zu haben.

Die Internetzeitung Mediapart veröffentlichte vor Kurzem ein angebliches Dokument aus dem Jahr 2006. Es soll von einem früheren libyschen Geheimdienstchef stammen. Laut diesem Papier wollte das Gaddafi-Regime Sarkozys Wahlkampf 2007 mit 50 Millionen Euro finanzieren. Sarkozy bezeichnete diesen Verdacht als "grotesk" und verklagte Mediapart. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts auf Fälschung.

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