Frankreichs Nationaler Streiktag:Proteste auf dem Höhepunkt

Frankreicht hat die bisher schärfsten Proteste und Streiks der Studentendemos erlebt: Bis zu drei Millionen Teilnehmer, Dutzende gestrichene Flüge, jeder zweite Zug verspätet.

Mit den bislang stärksten Protesten gegen die umstrittene Arbeitsrechtreform und landesweiten Streiks haben hunderttausende Franzosen die Regierung unter Druck gesetzt. Die Organisatoren der Kundgebungen sprachen von drei Millionen Teilnehmern im ganzen Land, allein in Paris seien 700.000 Demonstranten auf die Straße gegangen.

Paris; AFP

Wieder griffen die Polizisten in Paris hart durch.

(Foto: Foto: AFP)

Die Polizei meldete insgesamt rund eine Million Demonstranten bei mehr als 250 Kundgebungen. Die Streiks legten den Luft- und Bahnverkehr teilweise lahm. Im Fernverkehr fielen rund die Hälfte der Züge aus, Dutzende Flüge wurden gestrichen.

"Wir sind für unsere Kinder hier"

In der Nähe von Paris steckten die Pendler in Staus von mehr als hundert Kilometern fest. In Schulen und öffentlichen Dienstleistungsbetrieben waren die Auswirkungen des Ausstands zu spüren. Auch der Eiffelturm wurde geschlossen.

"Wir sind für unsere Kinder hier. Wir machen uns Sorgen, was mit ihnen passiert", sagte einer der Demonstranten in Paris, Philippe Decrulle. "Mein Sohn ist 23 und er hat keinen Job. Das ist in Frankreich normal".

Die Literaturstudentin Maxime Ourly sagte, sie wolle "die Rechte verteidigen, die unsere Vorfahren erkämpft haben, und die uns die Regierung versucht zu nehmen". Premierminister Dominique de Villepin bekräftigte seine Bereitschaft zu Gesprächen, hielt aber weiter an dem gelockerten Kündigungsschutz für Berufseinsteiger fest.

Nur durch Taten könnten alle Franzosen überzeugten werden, dass die derzeitige Situation verbessert werden könne, erklärte Villepin vor dem Parlament. Villepin will mit dem Erstanstellungsvertrag (CPE) die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich bekämpfen.

Das Gesetz ermöglicht es Unternehmen, Arbeitnehmern bis 26 Jahre in den ersten beiden Berufsjahren ohne Angabe von Gründen zu kündigen. Es soll im April in Kraft treten. Der Wind bläst Villepin inzwischen allerdings auch aus der eigenen Partei immer stärker ins Gesicht.

Auch in der Regierung werden Risse sichtbar: Innenminister Nicolas Sarkozy, Villepins parteiinterner Rivale im Rennen um die Kandidatur im konservativen Lager für das Präsidentenamt, forderte ein Aussetzen der Reform.

Der CPE solle nicht in Kraft treten, solange die Regierung mit den Gewerkschaften verhandele, sagte Sarkozy. Angesichts der Krise sagte Staatspräsident Jacques Chirac eine für Ende der Woche geplante Reise ab.

4.000 Polizisten allein in Paris

Die Gewerkschaften blieben hart und lehnten ein Angebot Villepins vom Montag ab, am Mittwoch über "Verbesserungen des Gesetzes" zu verhandeln.

Das sei inakzeptabel, sagte der Generalsekretär der einflussreichen Gewerkschaft CGT, Bernard Thibault. Das Gesetz sei unsozial und bringe keine Arbeitsplätze. Verhandlungen seien erst möglich, wenn Villepin den CPE zurückziehe.

Um neuerliche Ausschreitungen am Rande der Demonstration zu verhindern, wurden am Dienstag allein in Paris 4.000 Polizisten in Bereitschaft versetzt. Innenminister Nicolas Sarkozy forderte die Beamten auf, so viele Randalierer wie möglich festzunehmen.

Friedliche Demonstranten und Passanten müssten von den Sicherheitskräften geschützt werden. Bis zum Abend wurden mehr als 250 Festnahmen gemeldet. In Paris kam es vereinzelt zu Randalen: Sicherheitskräfte setzten Tränengas gegen Gruppen von Jugendlichen ein, die mit Absperrkegeln und anderen Gegenständen warfen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: