Gern sonnt sich Frankreichs Staatsmacht in Herrlichkeit. Anders als in Deutschland, wo man als Lehre aus der eigenen Geschichte einen gewissen Argwohn gegenüber der Obrigkeit kultiviert, treten unsere Nachbarn ihrer Gendarmerie und ihren Geheimdiensten mit weitaus weniger Misstrauen entgegen. Man ließ sie bisher gewähren. Dass die Dienste dabei ohne Gesetzesgrundlage so allerlei trieben, was man nur aus Thrillern kannte, kümmerte kaum jemanden.
Das will die Regierung nun ändern, immerhin. Ein neues Gesetz soll den Aktivitäten der sechs Geheimdienste ein rechtsstaatliches Fundament geben, endlich. Nur: Dabei will die Regierung so ziemlich alles, was bisher in einer zwielichtigen Grauzone geschah, mit dem pauschalen Segen des Parlaments weitertreiben - und weniger der Kontrolle unabhängiger Richter unterwerfen. In Deutschland wäre ein solches Gesetz unvorstellbar. Und es ist ein ermutigendes Zeichen, dass nun auch in Paris der Widerstand wahrer Citoyens aufwallt.
Der Zufall freilich will es, dass vorerst der deutsche Staat der Profiteur der französischen Bürgerdebatte ist. Präsident und Regierung in Paris scheuen eine hitzige Debatte über Späher und Spione - und äußern sich nicht zum Treiben des BND, der offenbar jahrelang französischen Spitzenbeamten und Diplomaten nachstellte. Ein verdächtiges Schweigen - offene Worte wären in diesem Fall Gold wert.