Frankreich:Wie Trumps Sieg Macron beflügelt

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Eine echte Idylle kam zwischen den beiden Staatschefs nie wirklich auf: Donald Trump und Emmanuel Macron beim G-7-Gipfel in Biarritz 2019. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Erst die Wahl in den USA, dann das Ampel-Aus in Berlin: Frankreichs Präsident sieht sich bereits in einer neuen Führungsrolle in Europa – als transatlantischer Mittler.

Von Oliver Meiler, Paris

Emmanuel Macron gehörte zu Donald Trumps ersten Gratulanten. Frankreichs Präsident konnte es kaum abwarten, und das ist kein Zufall. Trump hielt gerade seine Siegesrede, noch bevor der Triumph offiziell war, da postete Macron seine Glückwünsche schon auf X: „Félicitations, Président Donald Trump.“ Er sei bereit, mit Trump zusammenzuarbeiten, wie er das schon einmal während vier Jahren getan habe, schrieb Macron und fügte an: „Mit Ihren Überzeugungen und meinen. Mit Respekt und Ambitionen. Für mehr Frieden und Prosperität.“

In diesem Post ist schon alles drin. Macron wollte zunächst daran erinnern, dass er, im Gegensatz zu anderen Anführern großer Länder des Westens, schon an der Macht war, als Trump das erste Mal US-Präsident war, von 2017 bis 2021 – dass er ihn also kenne. War etwa Olaf Scholz da schon im Amt? Oder Keir Starmer, der britische Premier? Auch Giorgia Meloni war damals nicht italienische Ministerpräsidentin.

Erst versuchte Macron es mit Charme, dann verdunkelte sich das Verhältnis zu Trump

Der Post auf X enthält aber auch eine trotzige Note, als wollte Macron Trump bedeuten, dass sie auf Augenhöhe miteinander reden werden, mit ihren je unterschiedlichen Überzeugungen. Zwischen den zwei Männern kam nie eine echte Idylle auf, obschon es der Élysée-Palast nun so zu schildern versucht. „Eine wässrige Bromance“, nennt es die Zeitung Libération.

In der ersten Phase versuchte es Macron mit männlichem Gebaren und Charme: mit demonstrativ hartem Händedruck und einer Einladung zur Militärparade am französischen Nationalfeiertag, dem 14. Juli. Trump war beeindruckt. Doch bald schon dunkelte die Beziehung ein. Differenzen hatten beide vor allem zu Iran, zum internationalen Handel, zum Klima. Als Trump klarmachte, dass er sich nicht an die Pariser Klimaziele halten wolle, war die Romanze eigentlich schon vorbei. In den vergangenen Jahren äffte Trump Macron bei Auftritten oft nach. Er hielt dem Franzosen auch vor, dieser mache einen Bückling vor Xi Jinping, dem chinesischen Staatschef. In Wahrheit drückte sich Trump natürlich etwas deftiger aus.

Macron hofft nun also, dass man international – und dabei vor allem in Europa – sein Dienstalter und seine Expertise im Umgang mit Trump gebührend zur Kenntnis nimmt. Und dass seine Rolle im transatlantischen Verhältnis dadurch eine schier natürliche Aufwertung erfährt, zumal jetzt, da in Berlin die Regierung auseinandergefallen ist.

Innenpolitisch hat der Präsident nur noch wenig Einfluss

Der Élysée-Palast verweist auch gerne darauf, dass Macron nach dem Wahltag in den USA einen „sehr guten Austausch“ mit Trump am Telefon gehabt habe – „fünfundzwanzig Minuten lang“, als wäre die Dauer schon ein untrügliches Zeichen für die neue Rolle des französischen Präsidenten. Aus dessen Entourage hörte man, Macrons schnelle Glückwünsche sollten dazu dienen, die Führung in Europa zu übernehmen.

Das ist ihm umso wichtiger, als er seit dem Debakel seiner Partei bei den jüngsten Parlamentswahlen innenpolitisch nicht mehr viel Einfluss hat: Es bleiben ihm nur noch die Außen- und die Verteidigungspolitik – in Frankreich sind die beiden Ressorts Chefsache, selbst wenn der Präsident keine Mehrheit mehr hat im Parlament, wie das nun der Fall ist. Und in diesen Fragen wird Macron, ein langjähriger Verfechter einer stärkeren Integration der europäischen Verteidigungspolitik, nun seine Akzente setzen wollen, gerade mit Trump im Weißen Haus. Für ihn ist das wie eine kleine Revanche.

Im vergangenen April hatte Macron in einer eindringlichen Rede an der Pariser Universität Sorbonne Europa dazu aufgefordert, seine Verteidigung auszubauen, auch im Hinblick auf einen möglichen Wahlsieg Trumps und ein vermindertes Engagement der USA in Europa und in der Nato. Im Nachhinein wirkt der Appell fast prophetisch. Macron verortete Europa in dieser Rede in „Todesgefahr“. Wenn es sich nicht für die Zukunft rüste, auch militärisch, werde es sterben.

Gefährdet Trumps Wahlsieg die französische Weinindustrie?

Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine habe gezeigt, wie dramatisch die Lage tatsächlich sei, sagte Macron damals. Bei der Gelegenheit erinnerte er auch daran, dass Frankreich seit dem Brexit die einzig übrig gebliebene Nuklearmacht der EU sei. Sein Land, sagte er, sei bereit, den Schirm über die ganze Union zu spannen. Kritiker monierten, Macron spiele sich auf, der französische Nuklearschirm allein reiche nirgendwohin. Frankreichs Präsident musste sich damals rechtfertigen, dass er davon gesprochen hatte, „unter gewissen Umständen“ Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden. Das ging vielen zu weit, selbst mit der Prämisse. „Wenn wir immer nur unsere Grenzen ansprechen, sind wir nicht glaubwürdig, dann schrecken wir nicht ab“, sagte Macron. In Frankreich wurde das als Breitseite gegen Scholz gewertet.

Macron fordert also schon länger eine gemeinsame Anstrengung bei der Rüstung. Nur, und das schwächt ihn gleichzeitig: Um Frankreichs Staatsfinanzen steht es so schlecht wie noch nie. Schulden und Defizit haben so hohe Ausmaße angenommen, dass die EU ein Sanktionsverfahren gegen Paris eingeleitet hat. Wo soll da das Geld herkommen für neue Rüstungsbemühungen?

Trumps Wahlsieg ist auch für Frankreichs Wirtschaft eine ernüchternde Nachricht. Die Franzosen fürchten eine mögliche Rückkehr des Trump’schen Protektionismus vielleicht etwas weniger als Deutschland. Doch einige Exportzweige könnten unter Druck geraten: die Luftfahrt, namentlich Airbus in Toulouse, die Pharma-, die Automobilbranche – und, vor allem, Frankreichs Wein- und Likörindustrie.

Die USA sind der wichtigste Kunde für alkoholische französische Getränke. Erhebt Washington bald hohe Importzölle auf Weine und Liköre, dann wäre das ein harter Schlag für ein Geschäft, das bereits unter einer schrumpfenden Nachfrage im eigenen Land leidet. Und der „sehr gute Austausch“ zwischen den Herren Trump und Macron wäre sehr schnell wieder eingetrübt.

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