Frankreich und Algerien:Hollande verweigert Entschuldigung für Kolonial-Gräuel

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Neues Kapitel in den französisch-algerischen Beziehungen: In Algier unterzeichnen die Präsidenten Hollande und Bouteflika ein Freundschaftsabkommen. Eine Entschuldigung für die französischen Verbrechen der Kolonialzeit lehnt Hollande demonstrativ ab.

Herzliche Begrüßung in Algier: Frankreichs Staatschef Francois Hollande (r) und sein algerischer Amtskollege Abdelaziz Bouteflika (Foto: AFP)

Ein halbes Jahrhundert nach dem blutigen Unabhängigkeitskrieg wollen Frankreich und Algerien ihre bilateralen Beziehungen normalisieren. Die beiden Staatschefs François Hollande und Abdelaziz Bouteflika unterzeichneten am Mittwochabend in Algier eine Freundschafts- und Kooperationserklärung.

Sie sieht unter anderem eine verstärkte Zusammenarbeit im politischen und wirtschaftlichen Bereich vor. Auch der Jugend- und Kulturaustausch soll intensiviert werden. Der französische Autokonzern Renault hat bereits ein Joint Venture zum Bau eines Werkes in dem größten nordafrikanischen Land angekündigt. Dort sollen jährlich bis zu 75 000 Fahrzeuge hergestellt werden, teilte das Unternehmen am Rande des zweitägigen Staatsbesuchs von Hollande in Algerien mit.

"50 Jahre nach der Unabhängigkeit Algeriens sind Frankreich und Algerien entschlossen, ein neues Kapitel ihrer Beziehungen aufzuschlagen", heißt es in der bei einem zweitägigen Staatsbesuch Hollandes unterzeichneten Erklärung. Die Konflikte über die Vergangenheitsbewältigung müssten ein Ende habe.

Die französische Kolonialzeit in Algerien bezeichnete Hollande als "zutiefst ungerecht und brutal". Vor den beiden Kammern des algerischen Parlaments sagte er: "Ich erkenne hier die Leiden an, die die Kolonialisierung dem algerischen Volk zugefügt hat."

Hollande will sich nicht für Kolonialzeit entschuldigen

Eine Entschldigung für die Kolonialzeit lehnte Hollande allerdings nach wie vor ab. "Ich bin gekommen, um die Wahrheit zu sagen", sagte Hollande. "Reue oder Entschuldigungen" werde es hingegen nicht geben. Mehrere algerische Parteien hatten zuvor beklagt, dass die französischen Behörden "die vom kolonialen Frankreich in Algerien begangenen Verbrechen" nicht anerkennen würden.

Hollande forderte stattdessen die "Bereitschaft, uns nicht von der Vergangenheit blockieren zu lassen, sondern an der Zukunft zu arbeiten". Er versprach zudem, dass das Entschädigungsgesetz für Opfer von Atomtests in der algerischen Sahara und in Französisch-Polynesien konsequent angewendet werde. Dies sei bislang nicht mit der notwendigen Entschlossenheit geschehen. Etwa 150.000 Zivilisten und Soldaten hatten zwischen 1960 und 1996 an mehr als 210 Tests teilgenommen.

Hintergrund der jahrzehntelangen Spannungen ist der 1954 begonnene Befreiungskampf der Algerier gegen die französische Kolonialherrschaft. Er kostete Hunderttausenden Menschen das Leben und wurde erst 1962 beendet. Viele Algerier verlangen eine Entschuldigung für französische Verbrechen während der Kolonialzeit. Bislang hat sich kein französischer Präsident dazu bereiterklärt.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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