FrankreichTerrorverdacht nach tödlicher Messerattacke im Elsass

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In der ostfranzösischen Stadt Mulhouse hat ein Mann Polizisten attackiert und einen Passanten getötet.
In der ostfranzösischen Stadt Mulhouse hat ein Mann Polizisten attackiert und einen Passanten getötet. (Foto: Sebastien Bozon/afp)

Ein Mann greift auf einem Markt in Ostfrankreich mehrere Polizisten an und tötet einen Passanten, der ihnen helfen will. Staatschef Macron geht von islamistischem Terror aus, tatverdächtig ist ein ausreisepflichtiger Algerier.

Von Oliver Meiler, Paris

Im Zentrum von Mulhouse, gleich vor dem gedeckten Markt der ostfranzösischen Stadt, hat am Samstagnachmittag ein 37-jähriger Algerier mit einem Messer auf mehrere Polizisten eingestochen. Zuvor hatte er „Allahu Akbar“, Gott ist groß, gerufen. Ein 69-jähriger Portugiese, der gerade sein Gemüse an einem Marktstand gekauft hatte, stellte sich dazwischen, wurde mehrmals in die Brust getroffen und erlag seinen Verletzungen am Tatort. Drei Polizisten wurden verletzt, zwei von ihnen schwer.

Es war kurz vor 16 Uhr, eine Solidaritätskundgebung für die Demokratische Republik Kongo begann gerade, als Brahim A. zur Tat schritt. Wie ein Marktstandbesitzer dem Fernsehsender BFM TV berichtete, hatte sich der Mann schon seit Stunden auf dem Markt aufgehalten und wirr vor sich hin geredet. Dann sei alles ganz schnell gegangen. Die Polizei konnte Brahim A. überwältigen und verhaften, ohne dass dafür ein Schuss fiel. Drei weitere Personen wurden für ein Verhör in Untersuchungshaft genommen.

Die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren wegen „Mordes und versuchten Mordes mit terroristischem Motiv“ eröffnet, so klar scheinen die Anzeichen in diesem Fall zu sein. „Das ist ein islamistischer Terroranschlag“, sagte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, kaum waren die ersten Eilmeldungen publik, und unterbrach seinen Besuch bei der Landwirtschaftsmesse. „Daran gibt es keine Zweifel.“

Brahim A. sollte das Land verlassen

Brahim A. ist der Polizei hinlänglich bekannt. Wie die Zeitung Le Parisien mit Verweis auf Quellen bei der Staatsanwaltschaft berichtete, saß er im vergangenen Jahr wegen Verherrlichung des Terrorismus vier Monate in Haft. Seit er das Gefängnis verlassen hatte, stand er unter Hausarrest, musste sich täglich auf dem Kommissariat melden. Am Samstag weigerte er sich offenbar, die Kontrollpapiere zu unterschreiben.

Brahim A. stand auch auf jener Liste von Personen, die der französische Staat beobachtet, weil er vermutet, dass sie sich weiter radikalisieren könnten. Und er sollte das Land verlassen: Frankreich hatte eine sogenannte „Obligation de quitter le territoire français“, besser bekannt unter dem Akronym OQTF, gegen ihn ausgestellt. In Frankreich werden weniger als zehn Prozent der Personen unter OQTF pro Jahr tatsächlich des Landes verwiesen, was immer wieder zu großen Debatten führt.

Der Mann leide an Schizophrenie, sagt der Innenminister

Innenminister Bruno Retailleau beteuerte, Frankreich habe Algerien zehn Mal aufgefordert, Brahim A. zurückzunehmen – und Algerien habe sich jedes Mal geweigert. Der Mann leide an Schizophrenie, sagte Retailleau. Er kündigte an, Rechtsänderungen prüfen zu wollen. Er sprach sich dafür aus, verurteilte und „sehr gefährliche“ Menschen, die nicht aus dem Land gebracht werden könnten, in Abschiebehaft zu nehmen. „Der Fanatismus hat einmal mehr zugeschlagen, und wir sind in Trauer“, schreibt Frankreichs Premier François Bayrou in den sozialen Medien. Michèle Lutz, die Bürgermeisterin von Mulhouse, sprach von „Horror“, der ihre Stadt erfasst habe.

In Frankreich hatte es seit Dezember 2023 keine Todesopfer durch Terroristen mehr gegeben. 2024 war, was die Franzosen ein „année blanche“ nennen – ein Jahr ohne Terroropfer. Es war das erste seit 2015 und den großen Anschlägen in Paris: auf die Redaktion von Charlie Hebdo im Januar und auf die Konzerthalle Bataclan, das Stade de France und die Caféterrassen des 10. und 11.  Arrondissement im November.

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