Frankreich streitet über Homo-Ehe:Grüner will zwei Männer trauen

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Nun hat auch Frankreich seine Debatte um die Homo-Ehe: Ein prominenter Bürgermeister aus Bordeaux will zwei Männer trauen und provoziert bewusst die Regierung Raffarin, die nun die Justiz bemühen will.

Von Gerd Kröncke

Der Abgeordnete Noël Mamère, einer der prominenten Grünen Frankreichs, will in seiner Eigenschaft als Bürgermeister von Bègles am Rande von Bordeaux zwei Männer trauen. Damit provoziert Mamère bewusst die Regierung Raffarin, die den Schritt von vornherein als illegal erklärt hat und die Justiz bemühen wird.

Aber Mamère steht nicht allein, wichtige Oppositionspolitiker fordern neuerdings die Einführung der Ehe für Homosexuelle. Der Vorsitzende der sozialistischen Partei (PS), François Hollande, will im Herbst eine entsprechende Gesetzesinitiative im Parlament einbringen. Die Konservativen wiesen den Vorstoß der Linken als opportunistisches Wahlmanöver zurück.

"Wir müssen alle Formen von Diskriminierung bekämpfen."

Es fällt auf, dass sich plötzlich alle potentiellen Präsidentschaftsbewerber der PS für das Thema erwärmen. Dominique Strauss-Kahn, der frühere Wirtschaftsminister, erklärte der Tageszeitung Libération auf die Frage ob er für die Ehe zwischen Homosexuellen sei: "Ja. Meine Auffassung von Sozialismus ist, dass jeder das Recht hat, sein Schicksal selbst zu meistern. Wir müssen alle Formen von Diskriminierung bekämpfen. Die Rechte der Homosexuellen müssen dieselben wie die der Heterosexuellen sein."

Noch vor wenigen Wochen hatte ein PS-Sprecher erklärt, die Zeit sei noch nicht reif, die Homosexuellen-Ehe zu fordern, zunächst müssten die Erfahrungen mit dem "Pacs" ausgewertet werden. Der Pact civil de solidarité als legalisierte Lebensgemeinschaft zweier Menschen egal welchen Geschlechts war vor zwei Jahren eingeführt worden. Der Pacs galt französischen Homosexuellen stets als erster Schritt auf dem Weg zur Ehe.

"Die Gesellschaft ist bereit, gegen Heuchelei zu kämpfen"

Der Schwenk der Sozialisten könnte auch mit Meinungsumfragen erklärt werden. Danach sind die Hälfte der Franzosen sowohl für die Eheschließung als auch für das Recht Homosexueller, Kinder zu adoptieren. Der frühere sozialistische Premierminister Laurent Fabius unterstreicht dies mit der Forderung: "Niemand darf diskriminiert werden". Der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë ist sich sicher, "dass die Gesellschaft bereit ist, gegen die Heuchelei zu kämpfen".

In Bègles bereitet sich der Bürgermeister und Abgeordnete Mamère nun auf seinen Auftritt vor. Hunderte von Sympathisanten reisen eigens aus Paris an, haben einen Waggon im TGV-Schnellzug gebucht. Im Rathaus wird das Hochzeitszimmer mit seinen 40 Quadratmetern zu klein sein.

Dass er nach Auffassung der Regierung gegen geltendes Recht verstößt, stört den Abgeordneten nicht, und dass die Regierungspartei UMP ihn als "Provokateur" bezeichnet, ist ihm gerade recht: "Ich bin stolz darauf, einer zu sein. Es ist die Rolle des politisch Verantwortlichen, Risiken einzugehen, wenn es um die Rechtsgleichheit geht," sagt Mamère.

© SZ vom 13. Mai 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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