Frankreich:Sinneswandel in Paris

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Nur wenige Franzosen gingen zur ersten Runde der Kommunalwahl - die widersprüchliche Kommunikation der Regierung hat sie verunsichert. Nun wird der zweite Durchgang verschoben.

Von Leo Klimm, Paris

Die Bürgermeisterin von Paris Anne Hidalgo lag nach dem ersten Wahlgang am Sonntag vorn. (Foto: Joel Saget/Reuters)

In Frankreich wird die landesweite Kommunalwahl unterbrochen. Nachdem der erste Wahlgang am Sonntag trotz Coronavirus-Epidemie stattgefunden hatte, herrschte am Montag in der politischen Klasse Frankreichs Einigkeit, dass der Termin für die Stichwahlen am nächsten Sonntag abgesagt werden müsse. "Die erste Runde verlief reibungslos, aber die hohe Wahlenthaltung zeugt von wachsender Sorge unserer Mitbürger vor der Epidemie", sagte Premierminister Édouard Philippe, der sich mit den Spitzen der französischen Parteien beriet. Philippe will den zweiten Wahlgang am 21. Juni nachholen - wenn die Epidemie es zulässt. Präsident Emmanuel Macron bestätigte den Aufschub am Montagabend in einer Fernsehansprache. In den nächsten Tagen solle die Nationalversammlung ein entsprechendes Gesetz verabschieden. Macron verhängte eine weitgehende Ausgangssperre. Alle Reformen, darunter seine umstrittene Rentenreform, seien angehalten, so der Präsident. "Wir sind im Krieg", sagte er. Noch am vergangenen Donnerstag hatte Macron erklärt, die Kommunalwahl könne regulär stattfinden. Besonders die konservative Opposition hatte darauf gedrungen. Zugleich hatte Macron die Bürger aber aufgerufen, sich möglichst wenig aus dem Haus zu bewegen. Am Vorabend der Wahl dann verfügte die Regierung die Schließung sämtlicher Restaurants und Bars sowie aller Geschäfte, die "nicht lebenswichtig" seien. Die Verunsicherung, die durch die widersprüchliche Kommunikation entstand, gilt als Hauptgrund der niedrigen Wahlbeteiligung am Sonntag: Sie lag bei nur 45 Prozent.

Auch die Gewinner des ersten Wahlgangs - die Grünen und der rechtsextreme Rassemblement National (RN) - hatten für einen Aufschub plädiert. Die Grünen haben nach der ersten Wahlrunde gute Aussichten, in mehreren Großstädten den Bürgermeister zu stellen, darunter in Lyon und Straßburg. Der RN konnte in einer Reihe meist kleiner Städte, die er schon führt, seine Position verteidigen. Für die Kandidaten der Präsidentenpartei La République en Marche (LREM) geriet die Wahl zum erwarteten Fiasko. In Paris schnitt sie nur halb so gut ab wie noch bei der Europawahl 2019. In der Hauptstadt führte nach der ersten Wahlrunde die amtierende Bürgermeisterin Anne Hidalgo, eine Sozialistin. Macrons Premier Philippe, der in Le Havre angetreten war, lag in der Normandie-Stadt zwar vorn - muss aber in die Stichwahl.

© SZ vom 17.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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