Frankreich:Rückkehr in die Nato

Kehrtwende nach vier Jahrzehnten: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy revidiert de Gaulles Austritt aus der Kommandostruktur. Von der vollständigen Rückkehr ins Bündnis erhofft er sich viel.

Gerd Kröncke

Nach mehr als vier Jahrzehnten will Frankreich wieder Vollmitglied der Nato werden. "Frankreich will mitbestimmen, anstatt nur hinzunehmen", begründete Präsident Nicolas Sarkozy am Mittwoch in Paris den Schritt. Es sei nicht akzeptabel, dass Frankreich seine Soldaten zu Nato-Einsätzen schicke, ohne sich an den Gremien zu beteiligen, die das Ziel der Einsätze festlegten. Dabei werde Frankreich seine Unabhängigkeit als Atommacht jedoch nicht aufgeben.

Frankreich: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will sein Land nach 40 Jahren wieder zum Vollmitglied der Nato machen.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will sein Land nach 40 Jahren wieder zum Vollmitglied der Nato machen.

(Foto: Foto: Reuters)

Präsident Charles de Gaulle hatte sich 1966 aus der Kommandostruktur des Bündnisses zurückgezogen, weil er die Souveränität der Atommacht Frankreich gefährdet sah und die Vormacht der USA nicht hinnehmen wollte. "Der Moment ist gekommen, diese Situation zu beenden", sagte Sarkozy. Die Rückkehr sei Teil eines längeren Prozesses, den seine Vorgänger eingeleitet hätten.

Endgültig soll sie während des Nato-Gipfels im April in Straßburg und Baden-Baden vollzogen werden. EU-Chefdiplomat Javier Solana und Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer begrüßten den Schritt. "Jeder ist bereit anzuerkennen, dass wir eine starke Nato und eine starke Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der EU brauchen", sagte Solana in Paris. Scheffer sagte, er denke, dass eine Wiederannäherung den französischen Einfluss in der Nato, aber auch in der EU stärken werde.

Frankreichs Verteidigungsminister Hervé Morin deutete an, dass der Neuanfang durch den Amtsantritt des amerikanischen Präsidenten Barack Obama möglich geworden sei. Die Zeiten hätten sich geändert, es sei Sarkozys Wille, dass Frankreich sich wieder vollständig zum wichtigsten Militärbündnis der Welt bekenne, sagte Morin. "Wenn von den 27 EU-Mitgliedsstaaten 21 zur Nato gehören, dann macht es keinen Sinn, Europa gegen die Nato ausspielen zu wollen."

Mit großer Verve wandte sich die Opposition gegen Sarkozys Verteidigungspolitik. Die volle Integration in die Struktur der Nato sei "durch nichts gerechtfertigt", sagte die Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Martine Aubry, am Mittwoch. Obwohl Frankreich kein Vollmitglied sei, habe es Aktionen der Nato stets mitzutragen, "sei es in Jugoslawien oder auch in Afghanistan".

Dass Frankreich zahlt und Soldaten stellt, gehört aber zu den wichtigsten Argumenten der Befürworter einer vollständigen Rückkehr. Sarkozy setzt auch darauf, dass Frankreichs Sicherheit gestärkt wird. "Die Annäherung Frankreichs an die Nato ist ein wichtiges Element der französisch-deutschen Freundschaft", sagte der Präsident. Außenminister Bernard Kouchner hatte zuvor betont, dass Deutschland, obwohl Vollmitglied, sich der Invasion des Irak nicht angeschlossen habe.

Gleichwohl ist in den Regierungsparteien Kritik laut geworden, besonders von jenen UMP-Mitgliedern, die sich als Gaullisten verstehen. Sie haben die Möglichkeit, ihre Einwände im Parlament vorzutragen. Um die Abgeordneten der Regierungsfraktion einzubinden, wird Premier François Fillon die Debatte mit der Vertrauensfrage verbinden.

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