Frankreich:Élisabeth Borne wird Macrons neue Premierministerin

Neue französische Premierministerin Borne ernannt

Élisabeth Borne, neu ernannte Premierministerin von Frankreich

(Foto: dpa)

Die bisherige Arbeitsministerin ist die erste Frau in diesem Amt seit mehr als 30 Jahren. Sie dürfte eine Regierungsarbeit machen, die ganz im Dienste des Präsidenten steht.

Von Nadia Pantel, Paris

Emmanuel Macron hat am Montagabend die bisherige Arbeitsministerin Élisabeth Borne zur Premierministerin ernannt. Die 61-Jährige folgt auf Jean Castex, der in den vergangenen zwei Jahren das Amt des Premiers innehatte. Macron bedankte sich am Montag mit einem Tweet bei Castex, der "mit Leidenschaft und Engagement Frankreich gedient" habe. Borne und Castex ähneln sich insofern, als dass beide auf eine Art und Weise Politik machen, die wenig auf Visionen und große Reden setzt. Borne dürfte wie Castex eine Regierungsarbeit machen, die ganz im Dienste des Präsidenten steht.

Die Ernennung Bornes erfolgte 21 Tage nach der Wiederwahl Emmanuel Macrons, der am 7. Mai seine zweite Amtszeit antrat. Macron hat für seine zweite Amtszeit eine Wende hin zu einer klimafreundlicheren und weniger vertikal strukturierten Politik angekündigt. Damit reagierte Macron unter anderem auf das gute Abschneiden des Linken Jean-Luc Mélenchon in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl. In den vergangenen drei Wochen war es jedoch bemerkenswert still um den Präsidenten - er trat nicht mit neuen Ideen auf den Plan, sondern ließ die Medien Tag um Tag darüber spekulieren, wer seine neue Premierministerin oder sein neuer Premierminister werden sollte.

Die Ernennung Élisabeth Bornes gilt nun als Stärkung des Mitte-links-Flügels im Macron-Lager, da Borne über Jahre der sozialdemokratischen Parti Socialiste nahestand. Gleichzeitig kann Borne als Regierungschefin kaum als großer Umbruch verstanden werden. Sie ist von Anfang an, also seit Mai 2017, Teil von Macrons Regierungsmannschaft. Zunächst unter Premier Édouard Philippe, von 2020 an unter Jean Castex. Borne war erst Verkehrsministerin, ab 2019 dann Umweltministerin, 2020 schließlich Arbeitsministerin.

Von der linken Opposition sogleich eine Kampfansage

Die Opposition reagierte am Montag erwartbar scharf auf den Amtseintritt Bornes. Der Linke Jean-Luc Mélenchon, der mit einem antikapitalistischen, EU-kritischen und radikal-ökologischen Programm bei der Präsidentschaftswahl auf knapp 22 Prozent der Stimmen gekommen war, sagte, Borne verkörpere "die Kontinuität". Die "soziale Misshandlung" der Bevölkerung werde fortgesetzt. Mélenchon sagte, Borne glaube "vielleicht von sich selbst, dass sie eine Frau der Linken ist, aber für uns trägt sie dieses Label nicht". Élisabeth Borne ist seit 2017 Mitglied von Emmanuel Macrons Partei La République en Marche (LREM).

Frankreich: Präsident Emmanuel Macron ließ sich Zeit mit der Ernennung der neuen Regierung. Bei der Parlamentswahl im Juni könnte seine Partei die Mehrheit verlieren.

Präsident Emmanuel Macron ließ sich Zeit mit der Ernennung der neuen Regierung. Bei der Parlamentswahl im Juni könnte seine Partei die Mehrheit verlieren.

(Foto: BENOIT TESSIER/REUTERS)

Unabhängig von Bornes politischen Überzeugungen steht die neue Premierministerin für eine kleine Revolution: Es ist das erste Mal seit 31 Jahren und das zweite Mal überhaupt, dass eine Frau in Frankreich Regierungschefin wird. 1991 hatte der sozialistische Präsident François Mitterrand Édith Cresson zur Premierministerin berufen. Cresson blieb nur etwas mehr als zehn Monate im Amt und war in Medien und auch in der Nationalversammlung in ihrer eigenen Partei einem heftigen Sexismus ausgesetzt. Die inzwischen 88-jährige Cresson nannte die Ernennung Bornes am Montag "eine sehr gute Wahl", es sei "höchste Zeit" gewesen, dass eine Frau das Amt übernehme. Es sei "ein Skandal", dass es in Frankreich überhaupt noch eine Neuigkeit sei, dass Frauen die höchsten Ämter des Staates bekleiden. In jüngsten Umfragen hatten drei Viertel der Franzosen gesagt, dass sie sich eine Frau als Regierungschefin wünschen. Dies sei, so Ex-Premierministerin Édith Cresson, ein Zeichen, dass "es die Politik ist, die ein Problem mit Machismus hat, nicht das Land".

Die Zukunft der Neuen hängt von der Parlamentswahl im Juni ab

Die Zukunft von Borne als Premierministerin wird auch von der Parlamentswahl abhängen. Im Juni wählen die Franzosen die neuen Abgeordneten der Nationalversammlung. Dort hält Macrons LREM seit 2017 die absolute Mehrheit. Eine komfortable Situation, die aber gefährdet ist. Der Linke Mélenchon hat seinen Wahlkampf für die Parlamentswahlen auf eine leicht einprägsame Formel gebracht: Er will zum Premier gewählt werden. Sollte eine linke Allianz, der sich auch Frankreichs Grüne und die extrem geschwächten Sozialisten angeschlossen haben, tatsächlich die Mehrheit im Parlament erringen, könnte Mélenchon Präsident Macron unter Druck setzen, ihn zum Premier zu machen. Das würde eine massive politische Blockade für Macron bedeuten.

Erste Umfragen halten eine linke Mehrheit in der Nationalversammlung für möglich. Gleichzeitig hat Macron die Basis verbreitert, auf der seine parlamentarische Mehrheit aufbauen soll. LREM (die sich in "Renaissance" umbenannt hat) wird unter anderem mit der neuen Partei ("Horizons") von Ex-Premierminister Édouard Philippe koalieren.

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