Frankreich:"Niederträchtig"

Die Job-Affäre um seine Frau bringt Präsidentschaftskandidat François Fillon in Bedrängnis. Nun geht der Republikaner in die Offensive.

Von Christian Wernicke, Paris

Als Staatsoberhaupt wäre François Fillon berufen, seine Nation vor Schaden zu bewahren. Das muss nun warten, es gibt Dringenderes: Seit Mittwoch müht sich der Präsidentschaftskandidat der französischen Republikaner, sich und seine Frau zu schützen. Seine Strategie: Angriff. "Niederträchtig" nennt der Konservative die Vorwürfe, er habe seine Frau Penelope nur zum Schein als parlamentarische Assistentin beschäftigt. Fillon verzieht die Mundwinkel, da er live in den Abendnachrichten seine "Abscheu" beteuert über die Behauptung, er habe seiner Gattin 500 000 Euro zugeschanzt. Der 62-jährige Ex-Premier, vor Tagen noch haushoher Favorit für die Präsidentschaftswahl im Mai, stürzt ab: Nur noch 38 Prozent der Franzosen bekunden eine positive Meinung über Fillon, 16 Prozentpunkte weniger als nach seinem Kantersieg in der republikanischen Vorwahl im November.

Fillon, sonst eher ein Kaltblüter, sprach mit Tremolo, als er im Fernsehstudio anhob. "Meine Ehefrau ist eine bewundernswerte Person", sprach er, "Sie glauben ja nicht, wie sie leidet" unter all den Verdächtigungen, sich ohne wirkliche Tätigkeit einen so fragwürdigen wie illegalen Lohn erschlichen zu haben. "Ich liebe sie, ich beschütze sie und ich warne alle, die sie angreifen, dass sie es mit mir zu tun bekommen." Wer immer behaupte, seine Frau habe nur einen fiktiven Job gehabt, den werde er verklagen.

François, der Gatte, stellt sich vor Penelope. Und Fillon, der Kandidat, verteidigt sich selbst. Immerhin ermittelt der Staatsanwalt, wegen des Vorverdachts der Veruntreuung von Steuergeldern. Fillon wäre mitschuldig, falls die Recherchen des satirischen Blattes Canard Enchaîné denn stimmten: Demnach soll Penelope von ihrem Mann in seiner Zeit als Abgeordneter (sowie von einem Ersatz-Parlamentarier während Fillons Zeit als Regierungsmitglied) bis zu 7900 Euro Monatssalär erhalten haben. Die Beschäftigung enger Verwandter ist Frankreichs Abgeordneten erlaubt. Doch klare, gar aktenkundige Hinweise darauf, was Madame Fillon genau getan hatte, fanden sich zunächst nicht.

Experten glauben nicht, dass die Ermittlungen vor dem Wahltag abgeschlossen werden

Fillon hat nun im Fernsehen einige Dinge aufgezählt, was seine "Penny" alles für ihn getan hat. Sie habe seine Reden redigiert, Besucher empfangen, ihn in der Öffentlichkeit vertreten und die Presseschau für ihn zusammengestellt. Angefangen habe alles 1997, denn da habe ein früherer Assistent gekündigt. Und Penelope sei eingesprungen. Fillons Anwalt trug inzwischen allerlei Papiere und Belege zur ermittelnden Staatsanwaltschaft.

Fillon hat im TV-Interview den Einsatz erhöht. Falls gegen ihn Anklage erhoben würde, so erklärte der Republikaner, werde er seine Kandidatur niederlegen. Doch die Mühlen von Frankreichs Justiz mahlen langsam, Experten halten es für ausgeschlossen, dass die Ermittlungen vor dem 23. April - dem Tag des ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl - zum Abschluss kommen. Und als Präsident genösse Fillon Immunität.

In Fillons politischer Heimat, im westfranzösischen Department Sarthe, bezeugen nun Vertraute und Freunde, wie sehr Penelope immer da gewesen sei - für ihren François und für die Bürger, als Ansprechpartnerin, während der Herr Abgeordnete in Paris weilte. Allerdings sagen selbst alte Weggefährten und Parteifreunde, sie hätten nicht gewusst, dass Penelope als Assistentin gearbeitet habe. "Da bin ich vom Stuhl gefallen", räumte Roger Server im Gespräch mit dem Parisien ein. Der frühere Bürgermeister jener Gemeinde, in der die Fillons ihr Landhaus samt Pferdeställen haben, fügt hinzu, das alles passe nicht "zu dem rigorosen und integren François Fillon, den ich kenne". Server verlangt, wie viele Franzosen, "Erklärungen".

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