Frankreich:Entscheidung über Rückzug aus Mali steht bevor

Frankreich: Außenminister Jean-Yves Le Drian will nicht mehr mit diesen "Typen" in Mali zusammenarbeiten, einen Militäreinsatz "nebenan" kann er sich vorstellen.

Außenminister Jean-Yves Le Drian will nicht mehr mit diesen "Typen" in Mali zusammenarbeiten, einen Militäreinsatz "nebenan" kann er sich vorstellen.

(Foto: THOMAS COEX/AFP)

Laut dem französischen Außenminister Le Drian sind die Bedingungen für den Anti-Terror-Einsatz "eindeutig" nicht mehr gegeben. Das dürfte auch Konsequenzen für die Bundeswehr haben.

Von Thomas Kirchner und Mike Szymanski, München/Berlin

Frankreich wird offenbar in den kommenden Tagen die Grundsatz-Entscheidung zu einem Rückzug aus Mali treffen. Die Bedingungen für den Anti-Terror-Einsatz französischer Truppen in dem afrikanischen Land seien "eindeutig" nicht mehr gegeben, sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian am Montag dem französischen Fernsehsender France 5. Le Drian verwies auf die Machtübernahme vor zwei Jahren durch eine Junta, die aus "fünf Obersten" bestehe, die "noch fünf Jahre an der Macht bleiben wollen".

Man könne nicht mit diesen "Typen" zusammenarbeiten, die jegliche demokratische Entwicklung im Land behinderten und von allen Nachbarstaaten verurteilt würden. Le Drian erwähnte auch die russischen Wagner-Söldner in Mali, ein weiterer Schauplatz des Großkonflikts mit dem Kreml. Diese etwa 1000 Mann seien offensichtlich ins Land geholt worden, um die Junta zu beschützen, sagte er.

Dass die ehemalige Kolonialmacht ihre Truppen abziehen will, zeichnet sich schon länger ab. Entsprechende Signale aus Paris wurden deutlicher, seit Mali vor zwei Wochen den französischen Botschafter auswies und ein dänisches Kontingent nicht ins Land ließ. Frankreich ist seit 2013 in Mali, um Milizen der Organisationen IS und al-Qaida zu bekämpfen. Die Operation Barkhane hat Frankreich etwa acht Milliarden Euro gekostet, 53 Soldaten kamen ums Leben. Der Einsatz erstreckt sich auch auf die Sahel-Länder Niger, Tschad, Burkina Faso und Mauretanien.

Nach der endgültigen Machteroberung der Junta im vergangenen Jahr beschloss Paris, die Truppe von 5000 Mann auf etwa die Hälfte zu reduzieren. Sie wird von der europäischen Taskforce Takuba unterstützt. Daneben gibt es die Stabilisierungsmission Minusma der Vereinten Nationen und die europäische EUTM-Mission zur Ausbildung von Sicherheitskräften. Die Bundeswehr stellt insgesamt mehr als 1300 Soldaten.

Frankreich will "nebenan" präsent bleiben

Frankreich werde präsent bleiben in der Region, sagte Le Drian, und den Terrorismus, wenn nicht in Mali, dann "nebenan" bekämpfen. Um den Fortgang zu besprechen, hat Präsident Emmanuel Macron vor dem EU-Afrika-Gipfel für Mittwochabend zu einem Gespräch nach Paris gebeten. Eingeladen sind unter anderen EU-Ratspräsident Charles Michel, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sowie die Präsidenten aus Niger, Tschad und Mauretanien. In Niger befindet sich schon ein Befehlsstand, auch in Tschad sind Barkhane-Soldaten. Nicht eingeladen ist das neue Regime in Burkina Faso, das Ende Januar durch einen Putsch an die Macht kam. Dort töteten französische Soldaten vergangene Woche mehrere Dutzend mutmaßliche Terroristen bei Luftschlägen.

Frankreich: Das Barkhane-Camp in Mali.

Das Barkhane-Camp in Mali.

(Foto: FLORENT VERGNES/AFP)

Das Vorgehen Frankreichs dürfte Konsequenzen für die Einsätze der Bundeswehr in Mali haben. In Deutschland wird offen infrage gestellt, die Missionen über den Mai hinaus - so lange laufen die Mandate des Bundestages - fortzusetzen. Das Verhalten der Junta, die zwischenzeitlich die Arbeit auch der Bundeswehr stark eingeschränkt hatte, entziehe dem Einsatz die Grundlagen, heißt es aus Berlin.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat sich in den vergangenen Tagen mit Videoschalten ins Einsatzgebiet einen Überblick verschafft. Eine Mali-Reise musste wegen eines Corona-Falls in ihrem Stab abgesagt werden. Am Montag führte sie auch ein Gespräch mit dem für Verteidigungsangelegenheiten zuständigen Oberst Sadio Camara.

Lambrecht kritisiert Einsatz russischer Söldner

"In den Gesprächen wurde deutlich, dass sich die Sicherheitslage in Mali kontinuierlich verschlechtert", teilte das Verteidigungsministerium mit. Lambrecht habe deutlich gemacht, dass "die malische Seite den Demokratisierungsprozess zügig und glaubhaft" vorantreiben müsse. Laut Ministerium sagte sie: "Wenn Wahlen um vier oder fünf Jahre verschoben werden, dann ist dies keine Basis für ein weiteres deutsches Engagement." Auf russische Söldner zu setzen sei "inakzeptabel". Es sei "undenkbar", dass "malische Soldaten durch unsere Frauen und Männer bei EUTM ausgebildet werden und im Anschluss mit russischen Söldnern kooperieren sollen". Bis zu einem nächsten Gespräch erwarte sie "belastbare Zusagen".

In Berliner Sicherheitskreisen heißt es, vor allem die Ausbildungsmission EUTM sei kaum mehr in der heutigen Form aufrechtzuerhalten. Erfolge blieben aus. Von malischer Seite werde beklagt, dass die Ausbildung fernab des eigentlichen Kampfgeschehens passiere. Die russischen Angebote seien effektiver, weil deren Ausbilder teilweise mit in die Einsätze gingen, und auch Material und Waffen zur Verfügung gestellt würden. Über die Stabilisierungsmission heißt es dagegen, dass sie weiterhin Akzeptanz in der Bevölkerung finde und dazu beitrage, dass das Land nicht völlig ins Chaos abrutsche.

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