Süddeutsche Zeitung

Frankreich:Macron will "starkes Europa in der Welt"

Lesezeit: 2 Min.

Der französische Präsident stellt seine Reformpläne für die EU vor. Er fordert gemeinsame Verteidigungsstrukturen und eine europäische Asylbehörde.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer leidenschaftlichen Rede aufgefordert, mit ihm Europa neu zu gründen. "Wir brauchen ein souveränes, ein starkes Europa in der Welt", sagte Macron am Dienstag an der Pariser Universität Sorbonne. Nur so sei es möglich, die Globalisierung zu meistern, Bürger zu schützen und der Jugend eine Perspektive zu geben. Zwei Tage nach der Bundestagswahl,bei der die Volksparteien CDU, CSU und SPD massiv an Stimmen verloren hatten und erstmals wieder Rechtspopulisten in das deutsche Parlament eingezogen sind, mahnte Macron Verhandlungsbereitschaft an. "Schaut die Vergangenheit an", sagte er. "Wir haben keine Wahl, wir dürfen Nationalisten keinen Platz lassen. Wir müssen Verantwortung übernehmen, jeder an seinem Platz". Europa sei Zukunft, Identität und das Versprechen für Frieden.

Der Präsident legte eine ausführliche Reformagenda vor und bat Merkel um Unterstützung. Der Schwung der deutsch-französischen Partnerschaft sei entscheidend für Europa, sagte er. Bis 2024 könnten Deutschland und Frankreich ihre wichtigsten Gesetze angleichen und so einen gemeinsamen Markt schaffen. Er gehe davon aus, dass Merkels Reaktion "ermutigend" sein werde, sagte er.

Der Präsident will nichts weniger als einen Kulturwandel in der Europäischen Union einleiten. Statt nationaler Alleingänge soll es in wichtigen Politikbereichen ein europäisches Vorgehen geben, mit Paris und Berlin an der Spitze. Seine Pläne reichen vom Schutz der Grenzen über eine EU-Asylbehörde, die Regulierung der Einwanderung, Mindestlohn und Terrorbekämpfung bis zur Vertiefung der Euro-Zone.

Bis 2020 will Macron ein EU-Verteidigungsbudget einrichten und eine Interventionstruppe schaffen. Europa brauche zudem eine zentrale Asylbehörde, um schneller über die Anträge entscheiden zu können. Geldströme der Terroristen müssten gemeinsam ausgetrocknet werden.

Macron mahnte Merkel, sich bei der Vertiefung der Euro-Zone kompromissbereit zu zeigen. "Sie ist das Herz eines integrierten Europas." Er warb erneut dafür, einen Euro-Finanzminister einzusetzen und ein eigenes Euro-Budget aufzulegen. Es gehe nicht um gemeinsame Schulden. Sondern darum, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Wirtschaftskrisen zu meistern.

Macron hatte den Zeitpunkt der Rede sorgfältig gewählt: Er will, dass die Ideen in die Koalitionsverhandlungen einfließen. Im Kanzleramt hieß es am Dienstag, Macron habe einen interessanten Beitrag für eine Debatte geliefert, die zu führen sei. Die Partner einer möglichen Jamaika-Koalition reagierten unterschiedlich. Grünen-Chef Cem Özdemir sicherte Unterstützung zu. "Wir werden alles vorbehaltlos prüfen." Macron habe den Mut, schwierige nationale Reformen anzugehen: "Das macht ihn glaubwürdig bei europäischen Reformen." Auch Alexander Graf Lambsdorff, FDP-Präsidiumsmitglied, bezeichnete die Rede als mutig. Die FDP werde aber nicht alles mittragen. "Was wir nicht brauchen, sind zu viel Staat und neue Steuern. Die Eurozone braucht mehr Wettbewerbsfähigkeit, keine neuen Geldtöpfe."

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Quelle:
SZ vom 27.09.2017
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