Frankreich:Macron will nahbarer werden

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Hund Nemo ist seit Anfang der Woche an der Seite des Präsidenten. (Foto: REUTERS)
  • Nach mehr als hundert Tagen im Amt kämpft Macron mit sinkenden Zustimmungswerten in der Bevölkerung.
  • Nun lockert er seine Kommunikationsstrategie des Schweigens: Macron will seine Pläne künftig öfter den Franzosen erklären.
  • Seine außenpolitische Agenda stellte er am Dienstag vor.

Von Leila Al-Serori

Ein bisschen zu viel wie Gott Jupiter, ein bisschen zu wenig Mensch. Emmanuel Macron hat gerade seine 100-Tage-im-Amt-Marke überschritten und es dürfte ihm dämmern, dass er seine gar zu göttliche Inszenierung als Präsident zurückfahren sollte.

Die Zustimmungswerte des französischen Staatschefs sinken und sinken. Sie sind derzeit sogar schlechter als die seines Vorgängers François Hollande zum selben Zeitpunkt damals. Das liegt an den geplanten Reformen von Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht, die im Volk auf wenig Gegenliebe stoßen, aber auch an Macrons Kommunikationsstrategie des Schweigens. Kein unautorisiertes Wort soll den Élysée-Palast verlassen. Den etablierten Medien gibt Macron so gut wie keine Interviews, nur ausgewählte Journalisten bekommen Zugang. Ziel soll sein, den Aussagen des Staatschefs mehr Gewicht zu verleihen, in dem man sie rarer macht.

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Am liebsten lässt Macron aber wie schon im Wahlkampf die Bilder sprechen. Vor allem solche, die ihn als souveränen, starken Chef zeigen. Das führte schon früh in seiner Amtszeit zum Vergleich mit dem römischen Gott Jupiter, der sich mittlerweile als fast schon spöttischer Beiname für Macron in der französischen Presse durchgesetzt hat.

Wenig hilfreich für sein abgehobenes Image sind die Debatten über seine hohen Make-up-Kosten (seit Amtsantritt 26 000 Euro), oder die Pläne, seiner Frau einen eigenen Titel und ein Budget zur Verfügung zu stellen. Verwunderung rief auch die Begründung hervor, mit welcher der Präsident ein Interview zum Nationalfeiertag absagen ließ: Seine Gedanken seien zu komplex fürs Fernsehen.

Auch wenn Macron keine baldige Wahl zu fürchten hat, all die Kritik scheint nicht spurlos an ihm vorüberzugehen. Er wolle seine Ziele besser vermitteln, heißt es nun aus dem Präsidentenpalast. Der unnahbare Jupiter verlässt also den Olymp. Er trifft sich sogar zu einem Hintergrundgespräch mit Journalisten und will sich künftig mehrfach monatlich dem Volk erklären - bevorzugt im Radio. Ein eigener Sprecher für das Amt des Präsidenten wird zudem eingestellt, noch dazu ein Journalist: Bruno-Roger Petit. Bisher gab es nur einen Regierungssprecher.

Kampf gegen Terror oberste Priorität

Wieder in seinem Metier erschien der Präsident außerdem am Dienstag bei einer Grundsatzrede zur Außenpolitik vor den französischen Botschaftern. Macron präsentierte sogar konkrete Inhalte. Den Kampf gegen den islamistischen Terrorismus bezeichnete er als erste Priorität. Der "Islamische Staat" sei "unser Feind", so Macron. Die Stabilisierung des Irak und Syriens seien daher von "vitalem Interesse" für Frankreich.

Flüchtlinge aufzunehmen sei eine menschliche Pflicht, stellte er klar. Macron versicherte, dass die "Welt ihre Augen auf Frankreich richtet". Dass er der Präsident eines Frankreichs sei, das seinen Rang in der Welt wieder eingenommen habe. Macron fand zudem klare Worte in Richtung autokratischer Führer: Maduros Regime in Venezuela bezeichnete er als Diktatur, dem nordkoreanischen Führer Kim Jong-un warf er "Verantwortungslosigkeit" vor.

Auf dem internationalen Parkett fühlt sich Macron spürbar wohl, hier hat er bisher auch die meisten Akzente setzen können: Sei es der überaus kräftiger Händedruck, den er US-Präsident Donald Trump angedeihen ließ, oder der Auftritt am Montag mit Angela Merkel, als beide ihre Pläne für eine gemeinsame Asylpolitik präsentierten.

Um den Jupiter ein bisschen menschlicher zu machen, hat Macron zudem auf ein altbewährtes Mittel gesetzt: ein Haustier. Nemo gehört seit Montag zu Élysee-Familie. Der Hund wurde benannt nach der Romanfigur Kapitän Nemo - weil der Präsident die Werke von Jules Verne liebe, sagte ein Sprecher.

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