Frankreich:Macron knickt vor Demonstranten ein

FILE PHOTO: France's President Emmanuel Macron delivers a speech during a meeting with French mayors at the Elysee Palace, in Paris

Emmanuel Macron versucht, die Demonstranten zu beschwichtigen.

(Foto: REUTERS)

Frankreichs Regierung verzichtet vorerst darauf, die Abgaben auf Sprit anzuheben - der Protestbewegung reicht das nicht.

Von Nadia Pantel, Paris

Nach Massenprotesten mit zum Teil gewalttätigen Krawallen gibt die französische Regierung von Präsident Emmanuel Macron nach. Geplante Steuererhöhungen auf Benzin und Diesel werden für sechs Monate ausgesetzt. "Keine Steuer ist es wert, die Einheit der Nation zu gefährden", sagte Macrons Premierminister Édouard Philippe am Dienstag in einer Fernsehansprache. Die Steuer sollte in Teilen eine Ökowende finanzieren.

Die sogenannten Gilets jaunes, Gelbwesten, errichten seit drei Wochen Straßensperren, sie haben den Rücktritt von Macron gefordert. Am Samstag endeten Proteste am Arc de Triomphe und an den Champs Élysées in Paris mit schweren Ausschreitungen, an die 260 Menschen wurden verletzt. Der Präsident hat nun wegen der Krise eine Auslandsreise verschoben. Die Ankündigung seines Premierministers stellt den Versuch dar, den sozialen Frieden im Land wiederherzustellen.

Am 17. November hatte die Bewegung der Gelbwesten zahlenmäßig ihren bisherigen Höhepunkt erreicht, 282 000 Menschen demonstrierten in ganz Frankreich, vergangenen Samstag waren es noch 136 000. Doch auch wenn sich nur wenige der 67 Millionen Franzosen eine Warnweste überziehen: Die Mehrheit unterstützt die Bewegung. Je nach Umfrage bekunden 70 bis 80 Prozent Sympathien mit den Gilets jaunes. Die Demonstrationen wurden schnell zu einer Bewegung all der Franzosen, die trotz Arbeitsplatz Schwierigkeiten haben, ihre Rechnungen zu bezahlen. Premierminister Philippe kündigte an, dass vom 15. Dezember bis zum 1. März eine "nationale Debatte über Steuern und öffentliches Geld" geführt werden solle. In seiner Rede versuchte er, Nähe zu den Unzufriedenen zu demonstrieren: "Die Franzosen, die sich eine gelbe Weste übergezogen haben, mögen ihr Land. Sie wollen, dass die Steuern sinken und dass sich ihre Arbeit lohnt." Macron hatte die Erhöhung der Ökosteuer mit dem Klimaschutz begründet.

Für die kommenden sechs Monate wird nun auch die angekündigte Erhöhung der Strom- und Gaspreise ausgesetzt. Zudem versprach Philippe, dass sich der Mindestlohn um drei Prozent erhöhen werde. Ob das Einlenken der Regierung Macron dazu führt, die Proteste abzumildern, wird sich erst am Samstag zeigen. In Fernsehinterviews wurden Vertreter der Gelbwesten befragt - alle sagten, dass die Ankündigungen nicht ausreichten. Das sah auch die Opposition so. Der linke Politiker Jean-Luc Mélenchon sagte, mit solchen "politischen Kunstgriffen" könne man nicht eine "Revolution der Bürger" beenden. Der Vize-Chef der konservativen Republikaner, Damien Abad, sagte, die Ankündigungen kämen zu spät und brächten zu wenig.

Auf Facebook rufen Anhänger der Gelbwesten weiter dazu auf, am Samstag in Paris zu demonstrieren. Ein Spiel des Fußballvereins Paris Saint-Germain wurde auf Bitte des Polizeipräsidiums deshalb verschoben. Der Protest hat sich auf Schulen und Universitäten ausgeweitet. Schüler und Studenten demonstrieren unter anderem gegen stärkere Selektion bei der Studienplatzvergabe.

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