Begleitet von scharfen Protesten hat die französische Regierung unter Präsident Emmanuel Macron am Mittwoch ein neues Asyl- und Einwanderungsgesetz auf den Weg gebracht. Ziel der Reform ist es, die Asylverfahren zu beschleunigen sowie abgelehnte Asylsuchende und Wirtschaftsmigranten konsequenter abzuschieben. Zugleich sollen die Aufenthaltsrechte von Flüchtlingen verbessert werden, die einen sogenannten subsidiären Schutz genießen, weil ihnen in ihren Heimatländern schwerste Gefahren drohen. "Frankreich muss die Flüchtlinge aufnehmen, aber es kann nicht alle Wirtschaftsmigranten aufnehmen", rechtfertigte Innenminister Gérard Collomb die Reform, die noch von der Nationalversammlung verabschiedet werden muss.
Obwohl Frankreich in den vergangenen Jahren wesentlich weniger Menschen aufgenommen hat als Deutschland, gehört die Flüchtlings- und Einwanderungspolitik auch dort zu den größten Herausforderungen der Regierung. Das liegt auch daran, dass viele Franzosen der Ansicht sind, schon die Integration vieler seit Langem in Frankreich lebender Migranten sei gescheitert. Daher könne das Land nicht allzu viele weitere Zuwanderer verkraften. Die Regierung beunruhigt zudem, dass im Jahr 2017 in Frankreich erstmals mehr als 100 000 Asylanträge gestellt worden sind. 2016 waren es ungefähr 85 000. In einer im Januar veröffentlichten Umfrage des Ifop-Instituts gaben 66 Prozent der befragten Franzosen an, die Einwanderungspolitik von Präsident Macron sei zu "lax". Aus dieser Stimmung können radikale Parteien wie der Front National von Marine Le Pen Profit schlagen.
Kritik kommt von links und rechts
Das neue Gesetz sieht zum Beispiel vor, dass ins Land kommende Asylbewerber ihren Antrag spätestens nach 90 Tagen stellen müssen, bisher betrug die Frist 120 Tage. Über die Anträge soll künftig in durchschnittlich sechs Monaten endgültig entschieden werden, statt wie bislang in neun Monaten. Die Dauer der Polizeihaft zur Identitätsklärung und der Abschiebehaft wird verlängert. Im Gegenzug soll die Aufenthaltserlaubnis für subsidiär Schutzberechtigte von einem Jahr auf vier Jahre verlängert werden. Minderjährige Flüchtlinge sollen das Recht erhalten, nicht nur ihre Eltern, sondern auch ihre Geschwister nach Frankreich nachkommen zu lassen.
Politiker der Rechten kritisieren dies als viel zu großzügig. Die Verschärfungen bei Asylverfahren und Abschiebungen seien dagegen zu gering. Linke und auch etliche Politiker von Macrons zentristischer Bewegung La République en Marche halten die Verschärfungen dagegen für überzogen. Sie widersprächen der humanistischen Politik, die der Präsident im Wahlkampf versprochen habe. Flüchtlingsorganisationen warnen: "Das Asylrecht ist in Gefahr." Die Gewerkschaften hatten für den Mittwoch zum Proteststreik im Flüchtlingsamt Ofpra aufgerufen. Sie bemängeln unter anderem, das neue Gesetz mache die korrekte Anwendung der Genfer Konventionen unmöglich. Macron muss auch in der Nationalversammlung mit erheblichem Widerstand rechnen.