Süddeutsche Zeitung

Frankreich:Le Pen geht

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Jean-Marie Le Pen, der Gründer und Vorsitzende der rechtsextremistischen Partei Front National, hat seinen Rückzug aus der Politik verkündet.

Gerd Kröncke

Der Alte geht in Rente, aber nicht sofort und vielleicht doch nicht. Jean-Marie Le Pen, 80, der seit einem halben Jahrhundert konsequent rechtsradikale Politik betreibt, hat seinen Rückzug für das Jahr 2010 angekündigt.

Er werde zur nächsten Präsidentschaftswahl nicht mehr kandidieren, sagte er in einem Interview, es sei denn, es träten unvorhergesehene Umstände ein. Der frühere Offizier der Fremdenlegion hatte sein erstes Parlamentsmandat im Jahre 1956 errungen, war jüngster Abgeordneter der Nationalversammlung. Damals vertrat er die Poujadisten, eine populistische Partei der Händler und Handwerker.

Anfang der siebziger Jahre gründete er seine eigene rechtsradikale Partei, die Front National (FN). Seinen größten Erfolg errang der Rechtsextreme, als er 2002 den Sozialisten Lionel Jospin im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl überflügelte. Damit machte Le Pen Geschichte, auch wenn Jacques Chirac anschließend mit mehr als 80 Prozent gewählt wurde. Die Sozialisten jedenfalls haben sich von diesem Schlag bis heute nicht erholt.

Als Favoritin für die Nachfolge an der Spitze der Partei gilt die 40-jährige Marine Le Pen. Die jüngste Tochter des Politik-Veteranen steht für einen anderen Stil. Sie ist weniger fremdenfeindlich, teilt nicht den Antisemitismus ihres Vaters. Gut drei Viertel der FN-Anhänger würden sie als Vorsitzende akzeptieren.

Auf der Strecke bleibt Le Pens langjähriger Stellvertreter, der Hochschullehrer Bruno Gollnisch. Er ist seinem Chef zwar ideologisch näher, aber nach Einschätzung des Vorsitzenden fehlt es ihm an Charisma.

Außer der Trotzkistin Arlette Laguiller hat sich kein Politiker so oft um die französische Präsidentschaft beworben wie Le Pen, fünf Mal insgesamt. 1974 war sein Stimmanteil noch in Promille zu messen. Danach ist es ihm gelungen, die extreme Rechte zusammenzuführen. Ihr droht jetzt durch Le Pens Abgang abermals die Aufsplitterung.

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SZ vom 12.09.2008/aho
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