Frankreich:"Für einen Seufzer der Erleichterung ist es zu früh"

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EU-Kommissar Moscovici warnt vor zu viel Euphorie nach dem ersten Wahlgang in Frankreich. Der Dax erreicht Rekordstand.

Von Leo Klimm und Alexander Mühlauer, Brüssel/Paris

Nach dem Erfolg des pro-europäischen Kandidaten Emmanuel Macron in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl hat EU-Kommissar Pierre Moscovici vor zu viel Euphorie gewarnt. "Die Wahl ist noch nicht vorbei", sagte der französische Wirtschaftskommissar am Montag in Brüssel. "Für einen Seufzer der Erleichterung ist es zu früh." Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte sich am Sonntagabend dagegen schon sicher gezeigt, dass Macron Präsident werde. Die Börsen reagierten euphorisch auf das Ergebnis des ersten Wahlgangs. Der Deutsche Aktienindex erreichte ein Rekordhoch. Auch der Euro gewann an Wert.

Moscovici verwies auf die in seinen Augen "schlechte Nachricht" der ersten Wahlrunde. Es sei erschreckend, dass 7,6 Millionen Franzosen ihre Stimme der Front-National-Chefin Marine Le Pen gegeben hätten, die für den Austritt Frankreichs aus dem Euro und der EU stehe. Zwar glaube er nicht, dass die Rechtspopulistin gewinne, er fürchte aber, "dass sie 40 Prozent holt". Laut Umfragen von Montag kann Macron bei der Stichwahl am 7. Mai mit gut 60 Prozent der Stimmen rechnen. Das wäre ein deutlicher Sieg des parteilosen Kandidaten, würde aber auch erhebliche Zustimmung für Le Pens Ideen offenbaren. Der Sozialist Moscovici rief zur "Mobilisierung" für Macron auf, der am Sonntag mit 24 Prozent der Stimmen auf Platz eins gekommen war. Le Pen folgte mit 21,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 78 Prozent. Moscovici sagte, Macron müsse "Zusammenhalt in einem nervösen, fragilen Land" schaffen. Auch der scheidende Staatschef François Hollande warb für seinen Ex-Wirtschaftsminister Macron.

Die beiden in Frankreich bisher dominanten Parteien, die Sozialisten und die konservativen Republikaner, riefen ihre Anhänger auf, gegen Le Pen zu stimmen. Zugleich brachen in beiden Lagern heftige Richtungsstreits aus. Bei den Sozialisten, deren Bewerber Benoît Hamon mit nur 6,4 Prozent Fünfter wurde, sprach sich Ex-Premier Manuel Valls kaum verhohlen für eine Aufspaltung der Partei aus. Bei den Republikanern machte Ex-Regierungschef Alain Juppé "die Persönlichkeit" sowie "die politische Linie" von Kandidat François Fillon für das Wahldebakel verantwortlich. Nach dem Ausscheiden des von Finanzaffären geplagten Fillon erreicht erstmals seit Gründung der Fünften Republik 1958 kein Bürgerlicher die Stichwahl.

Fillon zog am Montag Konsequenzen aus seiner Schlappe und kündigte in Paris an, seine Republikaner nicht in die Parlamentswahl vom Juni führen zu wollen. Er habe "nicht mehr die Legitimität", diesen "Kampf" zu führen. Die Republikaner sprachen keine eindeutige Wahlempfehlung für Macron aus, sie forderten ihre Anhänger aber auf, "Le Pen scheitern zu lassen". Le Pen kündigt an, sie werde ihren Job als FN-Vorsitzende vorübergehend ruhen lassen - "um als Präsidentin alle Franzosen um mich sammeln zu können". Sie werde die Stichwahl zum "Referendum über die ungezügelte Globalisierung" machen. Ihr zweites großes Thema sei der Kampf gegen islamistschen Terrorismus.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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