Frankreich:Freundschaft nach Plan

Vor einem Jahr beschlossen Deutschland und Frankreich mit dem Aachener Vertrag feierlich, enger zusammenzuarbeiten. In der Klimapolitik aber ging Deutschland eigene Wege. Warum nur? Die Opposition hat nachgefragt.

Von Daniel Brössler, Berlin

Es war ein Tag der großen Worte. Vor einem Jahr, am 22. Januar 2019, unterzeichneten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron den Aachener Vertrag mit dem Versprechen, in allen wichtigen Politikbereichen enger zusammenzuarbeiten und Europa zu stärken. "Wir bekräftigen, dass wir die großen Herausforderungen unserer Zeit Hand in Hand angehen wollen", sagte Merkel. "Wir lieben unsere Vaterländer, aber wir lieben auch Europa", versicherte Macron.

Ein Jahr danach herrscht - zumindest in der Opposition im Bundestag - Ernüchterung. Von einer "durchwachsenen" Bilanz spricht Michael Link, europapolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. "Bei den Flaggschiffprojekten wie dem gemeinsamen Kampfpanzer und dem Jagdflugzeug schaffen Deutschland und Frankreich nur feierliche Erklärungen", kritisiert er. Der Aachener Vertrag hätte ein Impulsgeber sein können für den "dringend notwendigen deutsch-französischen Elan für die europäischen Zukunftsaufgaben", sagt die europapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Brantner. Stattdessen werde das Verhältnis "weiter verwaltet und die Atmosphäre ist geprägt von gegenseitigen Schuldzuweisungen". Tatsächlich gab es im Laufe des Jahres immer wieder Misstöne. Macrons Äußerung über den "Hirntod" der Nato sorgte in Berlin für Verdruss. Ärger gab es zwischenzeitlich auch um gemeinsame Rüstungsexporte. "Nicht restriktiv, sondern unberechenbar" wirke das deutsche Rüstungskontrollsystem, klagte die französische Botschafterin Anne-Marie Descôtes.

In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen zur Umsetzung des Aachener Vertrages betont die Bundesregierung freilich die "enge Partnerschaft" und listet die aus ihrer Sicht planmäßige Umsetzung der vereinbarten gemeinsamen Vorhaben auf. Deutlich wird allerdings auch, dass einige dieser Vorhaben offenbar nicht ganz so weitreichend gemeint waren, wie sie klingen. So ist im Aachener Vertrag von der "Integration zu einem deutsch-französischen Wirtschaftsraum mit gemeinsamen Regeln" die Rede. In der Antwort heißt es dazu: "Darunter ist nach dem Verständnis der Bundesregierung die Abstimmung von Maßnahmen in Bereichen anzusehen, in denen beide Länder vor gemeinsamen Herausforderungen stehen oder voneinander lernen können."

Für den Klimaschutz gilt das offenbar nur bedingt. "Der deutsche Klimaschutzplan 2050 ist die deutsche Langfriststrategie für den Klimaschutz und reflektiert nicht den Austausch mit anderen Ländern", wird klargestellt. Dass Berlin die Klimaschutz-Vorhaben nicht mit Paris koordiniere, sei "absurd und läuft dem Aachener Vertrag zuwider", beklagt Brantner. Die Umsetzung von 15 Vorhaben, die als "prioritär" identifiziert worden sind, laufen nach Darstellung der Bundesregierung nach Plan. Allerdings sei etwa die Verbesserung der Bahnverbindung zwischen Straßburg und dem Flughafen Frankfurt eine Frage der "eigenen unternehmerischen Entscheidung" der Bahn.

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