Frankreich:Franzosen wittern Komplott gegen Strauss-Kahn

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Frankreich steht mehrheitlich hinter dem inhaftierten IWF-Chef Strauss-Kahn. Selbst der politische Gegner übt sich in Zurückhaltung. Das mutmaßliche Opfer des sexuellen Übergriffs soll in einem Heim für HIV-Infizierte leben.

Trotz der Festnahme von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hat die Opposition in Frankreich einer Umfrage zufolge weiterhin gute Chancen auf einen Sieg bei der Präsidentenwahl. In der am Mittwoch veröffentlichten Erhebung des Instituts CSA erklärten 54 Prozent der Befragten, auch ohne ihren populären Kandidaten könnten die Sozialisten im nächsten Jahr den Élysée-Palast erobern. Unter den Sozialisten trauten ihrer Partei 70 Prozent den Sieg zu.

Zudem hielten es 57 Prozent der Befragten für möglich, dass Strauss-Kahn Opfer einer Intrige seiner politischen Gegner geworden ist. Nur 32 Prozent waren anderer Meinung, elf Prozent äußerten sich nicht. Unter den Sozialisten bezeichneten sogar 70 Prozent DSK, wie er in Frankreich genannt wird, als "Komplott-Opfer". Es ist die erste Umfrage, die nach Bekanntwerden des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung gegen Strauss-Kahn erhoben wurde.

Neuer Hoffnungsträger der Sozialisten ist der Befragung zufolge François Hollande, der zehn Punkte vor der Parteivorsitzenden Martine Aubry liegt.

Die konservative Regierungspartei UMP rückte unterdessen von dem IWF-Chef ab. Für Strauss-Kahn solle "in den nächsten Tagen" ein Nachfolger gefunden werden, sagte Parteichef Jean-François Copé. Er sehe keine Möglichkeit für Strauss-Kahn, im Amt zu bleiben. Als mögliche Nachfolgerin wurde die französische Finanzministerin Christine Lagarde ins Gespräch gebracht.

Die Regierung setzt dagegen auf Zurückhaltung in den Fall. Französischen Medien zufolge untersagte Präsident Nicolas Sarkozy seinen Ministern, öffentlich Stellung zu beziehen, um nicht den Eindruck der Schadenfreude zu erwecken.

Derweil wurden neue Details über die Frau bekannt, die angeblich vom IWF-Chef sexuell angegriffen wurde. Nach Angaben der Boulevardzeitung New York Post lebt die Frau seit Januar in einem Haus für Aids-Kranke. Das Gebäude im Stadtteil Bronx werde ausschließlich an Menschen vermietet, die mit HIV infiziert oder bereits an Aids erkrankt sind, meldet die Zeitung. Auch zuvor habe sie in einem Haus gelebt, dessen Wohnungen von einer Unterstützerorganisation "streng nur an Aids-Kranke" vermietet würden. Es gibt sonst aber keinerlei Hinweise, dass das Zimmermädchen tatsächlich mit dem HI-Virus infiziert ist.

Der Bruder der Frau sagte im Gespräch mit der französischen Tageszeitung Le Parisien, seine Schwester lebe in einem Appartement im Süden der Bronx, halte sich derzeit aber an einem geheimen Ort auf. Dort stehe sie unter Polizeischutz.

Zu Spekulationen, Strauss-Kahn sei Opfer eines Komplotts geworden, antwortete der Bruder: "Mein Schwester ist unfähig, sich eine solche Geschichte auszudenken. Sie ist praktizierende Muslimin und trägt Kopftuch. Meine Schwester hat keine Ahnung von Politik, sie weiß nicht einmal wer der Bürgermeister von New York ist".

Strauss-Kahn wird vorgeworfen, das 32-jährige Zimmermädchen am Samstag in seinem Hotel sexuell belästigt zu haben. Er sitzt auf der Gefängnisinsel Rikers Island in New York in Einzelhaft.

© AFP/dpa/Reuters/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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