Frankreich:Ermittlungen gegen  Polizisten

"Ich ersticke", sagte Cédric Chouviat, als er im Januar von Polizisten auf den Boden gedrückt wurde. Kurze später starb er - jetzt wird gegen drei Beamte ermittelt. Und es gibt eine ähnliche Debatte wie in den USA.

Von Nadia Pantel, Paris

In der Affäre um den Tod Cédric Chouviats ist in Frankreich ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen drei Polizisten eröffnet worden. Dies berichteten am Donnerstag Medien unter Berufung auf Justizkreise. Chouviat war Anfang Januar in Paris 48 Stunden nach einer Polizeikontrolle gestorben. Der Lieferfahrer war auf einem Motorroller unterwegs, laut Angaben der Polizei telefonierte er während der Fahrt mit dem Handy und wurde deshalb angehalten. Die Polizisten geben an, Chouviat habe sich während der Kontrolle aggressiv verhalten, sie hätten ihn daher in Bauchlage fixiert. Es existieren Aufnahmen, die zeigen, wie die Beamten auf Chouviats Rücken knien. Zudem liegt eine Audiomitschnitt vor, auf dem zu hören ist, wie Chouviat mehrfach sagt: "Ich ersticke".

Chouviat wurde nach der Kontrolle durch die Polizei ins Krankenhaus gebracht, eine Autopsie ergab, dass er an den Folgen einer Kehlkopfverletzung erstickte. Chouviat wurde 42 Jahre alt und hinterließ fünf Kinder. Sein Tod hatte im Januar zu einer Diskussion um Polizeigewalt geführt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, er fordere den Innenminister auf "zu handeln", er erwarte von der Polizei das "größtmögliche Berufsethos". Der damalige Innenminister Christophe Castaner besuchte die Familie Chouviats, die darum bat, dass die Polizisten vom Dienst suspendiert werden. Dies geschah nicht. Bewegung kam in den Fall, nachdem alle vier an der Verhaftung beteiligten Polizisten vergangene Woche erneut verhört wurden.

Die Kritik konzentriert sich auf rassistische Strukturen

Seit dem Tod George Floyds in den USA gibt es auch in Frankreich eine neue Protestwelle gegen Polizeigewalt. Dadurch wird auch wieder über den Tod Chouviats diskutiert und vor allen Dingen auch über den von Adama Traoré, der 2016 nach einer Polizeikontrolle starb. Ebenso wie Floyd und Chouviat war Traoré von Beamten in Bauchlage fixiert worden, und ebenso wie Floyd und Chouviat sagte er, er bekomme keine Luft. Die Kritik konzentriert sich auch in Frankreich auf rassistische Strukturen innerhalb der Polizei. Der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Jacques Toubon, spricht von "systematischer Diskriminierung" von Menschen, die als Eingewanderte wahrgenommen werden. Die Regierung verurteilt Rassismus, weigert sich jedoch, den Begriff Polizeigewalt zu verwenden, da er alle Beamten unter Verdacht stellen würde.

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