Frankreich:"Dschungel" von Calais wird abgerissen

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Bauarbeiter haben am Montag Hütten und Zelte in dem provisorischen Flüchtlingslager abgerissen. Die dortigen Bewohner sollen über Frankreich verteilt werden.

Begleitet von einem großen Polizeiaufgebot haben am Montag etwa zwanzig Bauarbeiter behelfsmäßige Unterkünfte im provisorischen Flüchtlingslager bei Calais am Ärmelkanal abgerissen. Ein Gericht hatte zuvor die Anordnung zur Räumung für zulässig erklärt. Lediglich Gemeinschaftsbereiche wie etwa eine Schule oder ein Theater sollten erhalten bleiben. Nach Angaben des Innenministeriums sind vom Abriss etwa 800 bis 1000 Migranten betroffen. Unterstützer der Lagerbewohner sprechen jedoch von mindestens 3400 Menschen, darunter Frauen und kleine Kinder. Die Bewohner sollen auf andere Unterkünfte in Frankreich verteilt werden.

Mehrere Hilfsorganisationen versuchten, die Auflösung mit Aktionen zu verhindern. Hilfsgruppen und Flüchtlinge, die vergeblich gegen die geplante Teilräumung des Lagers geklagt hatten, wollen diese nicht hinnehmen: Ihre Anwältin kündigte an, vor Frankreichs Obersten Gerichtshof zu ziehen. Die Präfektur der nordfranzösischen Hafenstadt rechnete mit einer mehrwöchigen Dauer der Räumung des "Dschungels", wie das Lager häufig genannt wird. Die Zustände in dem seit Jahren gewachsenen Camp gelten als katastrophal. Die Flüchtlinge leben in selbstgebauten Hütten und Zelten, es mangelt an sanitären Anlagen, die Wege verschlammen bei Regen. Immer wieder kommt es zu Spannungen zwischen Flüchtlingen, der Polizei und Bewohnern der Region. Für alle, die ihre Unterkunft verlieren, solle ein neuer Platz gefunden werden, hieß es.

Im Verlauf des vergangenen Jahres waren Tausende Menschen auf der Flucht in dem Lager gestrandet. Die meisten von ihnen versuchen, illegal durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen, wo sie sich mehr Chancen erhoffen. Viele Migranten wollen die Räumung nicht hinnehmen. "Wir werden in einem anderen Teil des Lagers schlafen", sagte ein sudanesischer Flüchtling und fügte mit Blick auf Großbritannien hinzu: "Wir wollen uns nicht von unserem Ziel entfernen. Also werden wir Calais nicht verlassen."

© SZ vom 01.03.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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