Energiekrise:Gas aus Frankreich, Strom aus Deutschland

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Präsident Emmanuel Macron (re.) spricht im Élysée-Palast per Videokonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz. (Foto: Ludovic Marin/AP)

Beide Länder wollen sich gegenseitig helfen, teilt der französische Präsident nach einer Videokonferenz mit Bundeskanzler Scholz mit. Und sie befürworten eine Abgabe für Übergewinne auf europäischer Ebene.

Von Kathrin Müller-Lancé, Paris

Um in der Energiekrise mögliche Engpässe zu verhindern, haben sich Deutschland und Frankreich gegenseitig Hilfe zugesichert. "Deutschland braucht unser Gas, und wir brauchen den im Rest Europas und vor allem in Deutschland produzierten Strom", sagte der französische Präsident Emmanuel Macron am Montag im Anschluss an eine Videokonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Die beiden Politiker hatten sich zusammengeschaltet, um sich über die Energiekrise auszutauschen und gemeinsame deutsch-französische Positionen abzustimmen.

Frankreich werde in den kommenden Wochen die notwendigen Gasleitungen fertigstellen, um Deutschland im Bedarfsfall mit Gas versorgen zu können, kündigte Macron an. Wenn der Winter hart werde und Deutschland Gas brauche, werde man Deutschland helfen. Umgekehrt habe Kanzler Scholz Frankreich Unterstützung zugesichert und sich dafür ausgesprochen, dem Land, falls nötig, mit Stromlieferungen zu helfen. Frankreich muss im Moment viel Strom importieren, weil mehr als die Hälfte seiner Atomreaktoren wegen Wartungsarbeiten und Korrosionsschäden außer Betrieb ist.

Auch in der Debatte um die Besteuerung von Übergewinnen haben Scholz und Macron dem Franzosen zufolge eine gemeinsame Position gefunden. Statt einer nationalen Steuer befürworten sie eine Abgabe auf europäischer Ebene: "Wir treten für einen europäischen Abgabemechanismus ein, der die Energieunternehmen trifft, die ungerechtfertigte Gewinne machen", so Macron. Diese Abgabe könne anschließend an die Mitgliedstaaten ausgeschüttet werden, um deren nationale Maßnahmen zu finanzieren. Auch sei er sich mit Scholz einig, so Macron, dass es Maßnahmen gegen Börsenspekulation geben müsse, welche die Energiepreise weiter hochtreibt. Welche das sein könnten, konkretisierte er nicht.

"Die beste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen"

Auf nationaler Ebene rief Macron die Französinnen und Franzosen zum Energiesparen auf: "Die beste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen." Ziel sei es, zehn Prozent des aktuellen Energiekonsums einzusparen. Falls freiwillige Anstrengungen nicht ausreichten, müsse man sich auf Einschränkungen einstellen. Abschaltungen von Gas oder Strom seien allerdings nur das letzte Mittel. Um weniger abhängig von ausländischer Energie zu werden, will der Präsident auf erneuerbare Energien und Atomenergie setzen. Im Bereich der erneuerbaren Energien müsse Frankreich schneller werden, sagte Macron, viele Projekte und Verfahren dauerten zu lange, und "wir sind im Krieg".

In der vergangenen Woche hatte Macron in Frankreich bereits einen Verteidigungsrat zur Energiekrise einberufen, um gemeinsam mit der Premierministerin und anderen Regierungsvertretern mögliche Szenarien für Herbst und Winter zu besprechen. Frankreich könne einschneidende Maßnahmen durch europäische Sparsamkeit und Solidarität verhindern, hatte Energieministerin Angès Pannier-Runacher im Anschluss an das Krisentreffen mitgeteilt. Am Freitag treffen sich die Energieminister der EU, um über mögliche europäische Maßnahmen zu beraten.

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