Frankreich:Das Geld der Steuerzahler - in Rauch aufgelöst

Teurer Genuss: Frankreichs Staatssekretär Blanc soll auf Staatskosten für 12.000 Euro Havannas konsumiert haben. Die Meldung trifft die Regierung in einem denkbar schlechten Moment.

Stefan Ulrich, Paris

Christian Blanc hat eine große Aufgabe: Als "Staatssekretär für die Entwicklung der Hauptstadtregion" ist er für das Projekt "Grand Paris" verantwortlich. Er soll dafür sorgen, dass die Stadt an der Seine wächst und gedeiht und sich auch künftig mit London, New York oder Tokio messen kann. Dafür braucht er natürlich Zigarren, viele dicke Zigarren. Schließlich muss Blanc vor seinen Gesprächspartnern aus Wirtschaft, Finanzwelt und Politik angemessen auftreten. Ein Erbauer von Groß-Paris, der ordinäre Zigaretten qualmt, das wäre doch degoutant.

France's deputy  Blanc attends a World Cup rugby Union match at the Stade de France Stadium in Saint-Denis

Die Zigarren-Affäre von Frankreichs Staatssekretär Christian Blanc kommt für die Regierung zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt - fast täglich enthüllen Medien mehr oder weniger anrüchige Privilegien der Politiker.

(Foto: bildextern)

Kurzum: Das Kabinett des Staatssekretärs bestellte in den vergangenen zehn Monaten für 12.000 Euro Havannas - auf Staatskosten. Das enthüllte jetzt die Wochenzeitung Le Canard enchaîné. Offenbar ist die Nachricht keine Ente. Denn Monsieur Blanc leitete sofort eine Untersuchung in seinem Hause ein. "Ich hatte niemals die kleinste Information über den Zigarrenverbrauch", versicherte er. "Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich das erfahren habe."

Verdächtigungen und Anschuldigungen

Blanc vermutet: Wo viel Rauch ist, ist auch Feuer. Konkret verdächtigt er seinen ehemaligen Kabinettschef Guillaume Jublot, von dem er sich getrennt hat. Er, Blanc, sei Opfer einer "Abrechnung" geworden. Doch so leicht will sich Jublot nicht anschwärzen lassen. Über seinen Anwalt teilt er mit, er dementiere die "lügnerischen Anschuldigungen" und werde seinen früheren Chef wegen Verleumdung verklagen. Blanc versuche nur, die Schuld auf andere zu laden.

Für die Regierung kommt die Havanna-Affäre zu einem besonders schlechten Zeitpunkt. Zum einen enthüllen die Medien fast täglich mehr oder weniger anrüchige Privilegien der Politiker wie doppelte Dienstwohnungen, lukrative Sonderaufträge und phänomenale Hotel-Spesen. Zum anderen erklären diese Politiker gerade dem Volk, warum es länger arbeiten und mehr sparen müsse.

Politiker als Beispiel

Dass die Kommunisten über die Zigarren-Geschichte empört sind, versteht sich von selbst. Die verkümmernde Partei hat sonst wenig, an dem sie sich wärmen kann, und ihre Funktionäre werden womöglich nie wieder in Ämter gewählt, in denen sich auf Staatskosten qualmen lässt. Doch auch Xavier Bertrand, der Generalsekretär der Regierungspartei UMP, zeigt sich "schockiert". Niemand werde gezwungen, Politiker zu werden, mahnt er. Doch wenn man es sei, dann müsse man sich heutzutage auch besonders beispielhaft verhalten.

Blanc kann einwenden, er habe am 10. Juni - der Canard enchaîné begann da seine Recherche - 3500 Euro zurückerstattet, was, so sein Kabinett, seinem tatsächlichen Havanna-Verbrauch entspreche. Er selbst schätzt seinen Konsum auf zwei Kisten à 25 Zigarren pro Monat ein, Geschenk-Exemplare an Mitraucher inbegriffen. Und die Moral von der Geschichte? Der frühere Präsident des französischen Verfassungsgerichts, Pierre Mazeaud, erklärt sie so: "Erstens: Christian Blanc tut recht daran, Zigarren zu rauchen, weil sie gut schmecken. Zweitens: Er hat Unrecht, sie vom Steuerbürger bezahlen zu lassen."

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