Panama Papers:Enthüllungen treffen Front National ins Mark

Jean-Marie Le Pen, former leader of the far-right National Front,

Jean-Marie Le Pen, greiser Patriarch von Frankreichs Rechtsnationalen, soll steuermindernd einen Teil seines Vermögens dem internationalen Finanzkapital anvertraut haben.

(Foto: dpa)

Enge Vertraute von Parteichefin Marine Le Pen sollen ebenso in dubiose Auslandsgeschäfte verwickelt sein wie ihr greiser Vater.

Von Christian Wernicke, Paris

Frankreichs Front National präsentiert sich gern als Saubermann. Und als "Anti-System-Partei", die den Pariser Saustall ausmisten will: Sozialisten wie Republikaner, so schimpft Parteichefin Marine Le Pen regelmäßig, seien "allesamt korrupt". Da trifft es Frankreichs Rechtsextreme ins Mark, wenn gleich zwei Affären auf einmal die Partei-Granden aussehen lassen wie alle anderen: geldgierig, schäbig, selbstgerecht.

Eine ganze Weile schwieg der Clan, nachdem die Tageszeitung Le Monde, Partnerin der SZ bei der Panama-Recherche, in ihrer Mittwochausgabe belastende Indizien aus den Panama Papers veröffentlicht hatte: Jean-Marie Le Pen, der greise Patriarch von Frankreichs Rechtsnationalen, soll steuermindernd einen Teil seines Vermögens dem internationalen Finanzkapital anvertraut haben. Zugleich wurde bekannt, dass engste Vertraute von FN-Chefin Marine Le Pen mit gefälschten Rechnungen und "einem ausgeklügeltem Offshore-System", so Le Monde, 316 000 Euro außer Landes geschleust haben, um in Asien zu investieren. "Wirtschaftlicher Patriotismus", wie ihn der FN stets propagiert, sieht anders aus.

Inzwischen wird - laut und wild - zurückgeschossen. Die Vorwürfe seien "ein Schlag der Nato", mutmaßt Altvater Le Pen am Mittwoch. Warum? "In den Panama Papiers tauchen doch nirgendwo Amerikaner oder Deutsche auf." Auch Tochter Marine Le Pen nährt den Verdacht einer Verschwörung: Die "Diffamierung" ihrer "patriotischen Partei", so ließ die FN-Vorsitzende mitteilen, solle nur ablenken vom Übel einer "entfesselten Globalisierung ohne Grenzen, in der allein die Großfinanz regiert." Laut der Nachrichtenagentur AP hat Marine Le Pen am Mittwoch diverse Medien sogar wegen "Verleumdung" verklagt.

Obskure Ring-Finanzierung

Richtig ist, dass in den Panama Papers bisher nirgendwo Hinweise auf FN-eigene Konten auftauchten. Außerdem ermittelt die französische Justiz bereits seit Juni gegen FN-Gründer Jean-Marie Le Pen wegen des Verdachts, mithilfe eines engen Vertrauten bis zu 2,2 Millionen Euro ins Ausland geschafft zu haben. Aus dem Frühjahr 2014 stammt das Dossier "Riwal": Das ist der Name einer französischen PR-Firma, gegen die aufgrund einer obskuren Ring-Finanzierung aus öffentlichen Kassen zur Wahlkampfkosten-Erstattung wegen des Verdachts des Betrugs und überhöhter Rechnungen ermittelt wird.

Eigentümer der Firma Riwal ist Frédéric Chatillon, ein altbekannter rechtsextremer Haudegen und enger Studienfreund von FN-Chefin Marine Le Pen. Laut Panama Papers soll Chatillon 2012 über die Firma Unanime France die Briefkastenfirma Time Dragon in Hongkong erworben haben. Time Dragon wiederum ist eine Tochterfirma von Harson Asia Limited mit Adresse auf den Britischen Jungferninseln.

Laut Panama Papers wurde Frédéric Chatillon am 30. Mai 2012 Direktor der Harson Asia - einer Offshore-Firma, die von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca an dem Tag eingerichtet wurde. Um zusätzlich Spuren seiner Transaktionen zu verwischen, so Le Monde, habe Chatillon einen weiteren Vertrauten von Marine Le Pen - den Steuerfachmann und FN-Kassenprüfer Nicolas Crochet - eingeschaltet: Eine Firma von Crochets Bruder Sébastien habe gefälschte Belege angefertigt - und zum Schein die Konzeption etlicher Websites für den die FN-nahe Bewegung "Rassemblement Bleu Marine" in Rechnung gestellt. Über Hongkong gelangte das Geld nach Singapur, "weil es dort höhere Renditen gibt", wie Chatillon nun im Gespräch mit Le Monde einräumte.

Politisch brisant ist, dass Chatillon sein Geld 2012, nach den für seine Firma Riwal sehr lukrativen Parlamentswahlen, nach Asien schaffte. Damals waren alle FN-Kandidaten offenbar genötigt worden, auf Pump für 16 500 Euro ein "Kampagnen-Set" (Prospekte, Flugblätter Websites) zu kaufen. Erstattet wurden diese mutmaßlich bis fünffach überhöhten Kosten später von der nationalen Wahlkommission.

Bisher gibt es jedoch keinerlei Beweis, dass Gewinne aus diesem einträglichen Ringgeschäft zurück in die Kassen des FN oder auf Konten der Familie Le Pen geflossen sind. Und im zweiten Fall - den mutmaßlich steuermindernden Auslandsanlagen von FN-Gründer Jean-Marie Le Pen - bestreitet der greise Beschuldigte, dass dabei sein Vermögen verschoben worden sei: Sein Vertrauter Gérin habe auf eigene Rechnung gehandelt - mit dessen eigenem Geld. Ein Beweis des Gegenteils fand sich auch in den Panama Papers bisher nicht.

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