Frankreich:"Afrika ist kein Hinterhof"

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Vor seinem Besuch in Zentralafrika hielt Emmanuel Macron eine Rede zur künftigen französischen Politik auf dem Kontinent. (Foto: Stefano Rellandini/dpa)

Frankreichs Präsident Macron reist in vier afrikanische Länder. Kurz zuvor hat er angekündigt, die französische Militärpräsenz auf dem Kontinent zu reduzieren. Ein Strategiewechsel?

Von Kathrin Müller-Lancé, Paris

Emmanuel Macron ist schon oft auf den afrikanischen Kontinent gereist. Mindestens 14 Mal, vielleicht auch schon öfter, hieß es im Vorfeld aus dem Élysée-Palast, so ganz genau habe man die Zahl gerade nicht parat. Fest steht: Die Reise, die der französische Präsident an diesem Mittwoch antritt, dürfte eine der wichtigeren werden.

Vier Länder in fünf Tagen stehen auf dem Programm, nach Gabun, Angola, in die Republik Kongo und in die Demokratische Republik Kongo soll es für Macron gehen. Die Reise findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem Frankreich seine Rolle auf dem afrikanischen Kontinent überdenkt. Der Besuch sei "ein wichtiger Moment in der historischen Beziehung zum afrikanischen Kontinent", teilten Macrons Berater im Vorfeld mit. Es sei an der Zeit, eine Phase zu beenden, die vor allem durch Militäreinsätze geprägt gewesen sei.

Noch bevor er ins Flugzeug nach Libreville, die Hauptstadt Gabuns, stieg, erklärte Macron Anfang der Woche in einer Rede seine Afrikapolitik. Darin kündigte er an, dass Frankreich seine Militärpräsenz auf dem Kontinent "sichtbar reduzieren" wolle. Wie viele Soldaten bis wann genau abgezogen werden sollen, konkretisierte er nicht. Die französischen Militärstützpunkte sollen, so Macron, nicht geschlossen, sondern in Akademien oder gemeinschaftliche Stützpunkte umgewandelt werden. Es sei eine Lesart der Vergangenheit, Einfluss an Militäreinsätzen zu messen, sagte Macron in seiner Rede.

Vertrieben aus Mali und Burkina Faso

Lange war Frankreich mit seinen entsandten Truppen eine wichtige Kraft im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen in der Sahelzone, die insbesondere Mali und Burkina Faso zu schaffen machen. Im vergangenen Jahr beendete Frankreich den "Barkhane"-Einsatz in Mali und zog seine Soldaten ab, weil die dortige Militärjunta enge Kontakte zu Russland pflegt. Auch Burkina Faso hat einen Rückzug des französischen Militärs erwirkt.

Als die UN-Generalversammlung in der vergangenen Woche über den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine abstimmte, stimmte Mali zum ersten Mal mit Russland. Drei der Länder, die Macron jetzt besucht - Gabun, Angola, Kongo -, enthielten sich.

Der Einfluss Frankreichs in seinen ehemaligen Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent schwindet, die antifranzösischen Bewegungen in der Sahelzone wachsen. Bleibt die Frage, wer in die Lücke vorstößt, die Frankreich hinterlässt. Russland und China verteidigten ihre Interessen in den rohstoffreichen Ländern zuletzt immer vehementer. "Macron ist nicht mehr der, der in Frankreich den Takt angibt", analysierte der Afrika-Experte Antoine Glaser kürzlich in der linken Zeitung Libération. "Noch nie wirkte Frankreichs Einfluss auf dem Kontinent so schwach, Frankreich bekommt offene Konkurrenz."

Kurz nach seinem Amtsantritt 2017 hatte Emmanuel Macron in Ougadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, eine programmatische Rede gehalten, in der er mit den Afrika-Strategien seiner Vorgänger brach. Macron rief damals zum Ende der bisherigen französischen Afrika-Politik auf und distanzierte sich vom Konzept der Françafrique, also den gewissermaßen neokolonialen Beziehungen zwischen Frankreich und dem afrikanischen Kontinent.

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"Afrika ist kein Hinterhof und noch weniger ein Kontinent, auf dem die Europäer oder Franzosen einen Entwicklungsrahmen diktieren können", sagte Macron auch in seiner Rede am Montag. Man müsse von einer Hilfslogik zu einer partnerschaftlichen Investitionslogik kommen. Nur wenn man ausgewogene und respektvolle Beziehungen pflege, könne man Herausforderungen wie den Klimawandel gemeinsam angehen.

Nach seiner Ankunft in Gabun nimmt Emmanuel Macron am One Forest Summit für den Erhalt der Wälder im Kongo-Becken teil. In Angola will er über eine landwirtschaftliche Partnerschaft beider Länder beraten. Außerdem kündigte der französische Präsident ein Gesetz für die Rückgabe von Raubkunst an.

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