Franken:"Seehofers 70. Afghane" darf bleiben

  • Der von Abschiebung bedrohte Afghane Danial M. hat in seinem Bayreuther Kirchenasyl überraschend eine Duldungsbestätigung erhalten.
  • Sein Fall hatte für Aufsehen gesorgt, weil er mit den anderen 69 Afghanen nach Kabul geflogen werden sollte, über die Innenminister Seehofer witzelte.
  • Danial M. und seine Familie gelten als mustergültig integriert, ein breites Bündnis bis zu CSU-Politikern hatte sich für seinen Verbleib eingesetzt.

Von Oliver Das Gupta

Der wegen einer Formalie von Abschiebung bedrohte Afghane Danial M. kann sein Kirchenasyl in Bayreuth verlassen und seine Ausbildung fortsetzen. Das bestätigte der 22-Jährige der Süddeutschen Zeitung am Montagabend: "Ich bin überglücklich", sagte er.

Das bayerische Innenministerium hat demnach die Zentrale Ausländerbehörde Oberfranken angewiesen, eine Ermessensduldung zu erteilen. Die Ausländerbehörde hatte eben diese Ermessensduldung noch vor wenigen Tagen ausdrücklich verweigert, erklärte Pfarrer Simon Froben. In seiner evangelisch-reformierten Gemeinde war der Afghane aufgenommen worden (hier mehr dazu).

Der Fall Danial M. hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt, weil der junge Mann zusammen mit 69 anderen Afghanen nach Kabul geflogen werden sollte, über die Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) witzelte. Danial M. war sozusagen der verhinderte "70. Afghane" des CSU-Chefs. Seiner Abschiebung entging der Afghane zufällig, weil er bei seiner Freundin war, als die Behörden ihn abholen wollten.

55 000 Menschen unterzeichneten eine Online-Petition

Danial M. und seine Familie gelten als mustergültig integriert in Neuenmarkt, einem Ort zwischen Bayreuth und Kulmbach. Ein breites Bündnis hatte sich für seinen Verbleib eingesetzt. Darunter befanden sich der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick und die evangelische Regionalbischöfin Dorothea Greiner, aber auch der CSU-Ortsbürgermeister sowie der lokale Fußballverein, in dem der Afghane als Torwart spielte. Die Medienberichterstattung wuchs und damit die Resonanz. Mehr als 55 000 Menschen unterzeichneten eine Online-Petition für Danial M.

Die Familie ist Teil der ethnischen Minderheit der Hazara und war 2015 nach Deutschland gekommen. Seitdem haben alle Familienmitglieder damit begonnen, die deutsche Sprache zu lernen und sich aktiv integriert. Danial hatte innerhalb von drei Jahren einen Schulabschluss gemacht. Da Danial M. als einziges Kind bei der Einreise über 18 Jahre alt war, hätte er am Beginn seiner Ausbildung eine gesonderte Duldung beantragen müssen. Er übersah die Formalität und wurde auch nicht darauf hingewiesen.

Warum das Innenministerium in München nun zugunsten Danial M. tätig geworden ist, dürfte mit Markus Söder zu tun haben. Danial M.s Schwester sprach den bayerischen Ministerpräsidenten Mitte Juli am Rande einer CSU-Veranstaltung an und schilderte ihm die Situation ihres Bruders. Söder soll aufmerksam zugehört haben und sagte zu, dass das Innenministerium den Fall prüfen werde. Die bayerische Staatskanzlei hat sich bislang nicht dazu geäußert.

Söder hatte im unionsinternen Streit um die Flüchtlingspolitik mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeitweise rechtspopulistische Formulierungen übernommen, nach massiver Kritik allerdings zugesichert, seine Wortwahl zu ändern. Söders CSU hat zwei Monate vor der Landtagswahl relativ schlechte Umfragwerte von deutlich unter 40 Prozent.

Söder betont "Ermessensspielraum"

Inzwischen redet der bayerische Ministerpräsident in der Ausländerpolitik differenziert über Flüchtlinge. Vor zwei Wochen sprach er bei einer Wahlkampfveranstaltung im oberbayerischen Traunreut davon, dass man Kriminelle ausweisen sollte. Positiv hob Söder diejenigen hervor, die sich integrieren wollen, Deutsch lernten und einen Job in Aussicht haben. In solchen Fällen sollte man den "Ermessensspielraum" ausschöpfen, sagte Söder in Traunreut.

So handelte das Innenministerium in München bei Danial M.: Es nutzte den Ermessenspielraum positiv.

Der junge Afghane würdigte im Gespräch mit der SZ das Engagement aller, die zum glücklichen Ende seines Kirchenasyls beigetragen haben. Neben den Kirchen, der SPD den Grünen und anderen Unterstützern nannte er auch die bayerische Staatsregierung.

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