Frank-Walter Steinmeier:Chefdiplomat soll Bundespräsident werden

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SPD-Chef Sigmar Gabriel setzt Steinmeier als Kandidaten für das höchste Staatsamt durch, weil die Union keinen besseren findet. Für Merkel ist das eine "Entscheidung aus Vernunft", für Wolfgang Schäuble eine "Niederlage".

Von Jan Bielicki, München

Die große Koalition will Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum nächsten Bundespräsidenten wählen. Nach wochenlanger Kandidatensuche sagten die Führungsspitzen von CDU und CSU am Montag zu, den Sozialdemokraten bei der Präsidentenwahl im kommenden Februar zu unterstützen. Die Union gab damit dem Drängen von SPD-Chef Sigmar Gabriel nach, der seinen Parteifreund bereits vor Wochen als Nachfolgekandidaten für den derzeitigen Amtsinhaber Joachim Gauck ins Spiel gebracht hatte. Der parteilose Gauck tritt aus Altersgründen nicht für eine zweite Amtszeit an.

"Es ist eine Entscheidung aus Vernunft", begründete Kanzlerin Angela Merkel in einer Telefonkonferenz des CDU-Präsidiums die Nominierung Steinmeiers und damit den Verzicht der Union auf einen eigenen Bewerber. Steinmeier sei für das Amt "ausgezeichnet geeignet" und die Unterstützung für ihn "gerade in unsicheren Zeiten" ein "wichtiges und richtiges Signal" für Stabilität, sagte die CDU-Vorsitzende in Berlin. CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnete Steinmeier als "gut geeignet, das gilt für die fachliche Seite und die menschliche Seite". Beide waren erst am Samstag zu einem vertraulichen Treffen in München zusammengekommen. Am Montag entschied der CSU-Vorstand bei nur einer Enthaltung, sich hinter die Kandidatur des Sozialdemokraten zu stellen.

Die Einigung gilt als Erfolg vor allem für Gabriel. Der SPD-Chef lobte seinen Kandidaten am Montag als Mann, der in großen Teilen der Bevölkerung Vertrauen genieße, das "unabdingbar" sei "in einer Zeit der Brüche, der Umbrüche, der Unsicherheit". Als sicher kann nun gelten, dass die Bundesversammlung am 12. Februar Steinmeier zum zwölften Präsidenten der Bundesrepublik wählt. CDU, CSU und SPD stellen mindestens 929 und damit fast drei Viertel der 1260 Wahlleute aus Bundestag und Bundesländern.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wertete es als "Niederlage" und CSU-Chef Seehofer nannte es "schade", dass die Union keinen eigenen Kandidaten gefunden hatte. Es seien viele Personen angesprochen worden, "sogar sehr viele", sagte Seehofer. Tatsächlich sind CDU und CSU zwar die bei Weitem größte Gruppe, aber ohne Mehrheit in der Bundesversammlung. Gegen Steinmeier hätte die Union einen eigenen Bewerber nur mit Hilfe der Grünen durchsetzen können. Merkel hatte sogar Baden-Württembergs grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann angesprochen, einen Grünen wollte jedoch die CSU nicht unterstützen.

Grüne und FDP zeigten sich offen dafür, ebenfalls für Steinmeier zu stimmen. Dieser sei ein "respektabler Kandidat für das Amt, weltoffen und verbindend", erklärten die Spitzen von Partei und Bundestagsfraktion der Grünen. Die Linke dagegen will laut Fraktionschefin Sahra Wagenknecht einen eigenen Kandidaten aufstellen.

Steinmeier sagte der Zeitung Bild, er sei "dankbar für die große Unterstützung und Ermutigung". Wer ihm als Außenminister nachfolgen wird, soll laut SPD-Chef Gabriel erst später entschieden werden. Als Favorit gilt der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD).

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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