Fracking in Polen:Kleines Dorf gegen große Firma

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Probebohrungen von Chevron: Die Böden in Ostpolen zählen zu den besten der Welt, und die Bauern von Żurawlów wollen ihre nicht hergeben.

(Foto: AFP)

Märchenhaften Aufschwung erhoffen sich Polens Politiker von Fracking und Schiefergas, auch die Bauern von Żurawlów waren zuerst begeistert. Doch seit bei seismischen Tests Quellen verseucht wurden, verhindern sie Probebohrungen durch Chevron - und haben nun einen mächtigen Feind.

Von Klaus Brill, Żurawlów

Es brummt. Nicht laut, aber stetig. Das Geräusch kommt aus einem Generator, der neben dem kleinen Lkw und dem grauen Bauwagen abgestellt ist. Offenbar erzeugt der Generator Strom, und offenbar wird dieser Strom gebraucht für den kleinen Scheinwerfermast und für die Kameras am Bauwagen, die sich jetzt in unsere Richtung drehen. "Da sitzen sie drin", sagt Emil Jabłonski, "jetzt filmen sie uns."

In diesem unscheinbaren Bauwagen im fernen Osten Polens bewachen zwei Männer im schwarzen Drillich, Bedienstete einer privaten Sicherheitsfirma, für die große Firma Chevron ein kleines, struppiges Feld. Dieses Feld könnte einmal ein Ort der Verheißungen werden. Zu dumm, dass die Leute von Żurawlów und ihr Ortsvorsteher Emil Jabłonski das unter keinen Umständen wollen.

Sie haben den Lkw, den Bauwagen und den Generator mit Strohballen blockiert. Zudem haben sie den Zufahrtsweg mit Erntefahrzeugen versperrt und davor ein Zelt und einen eigenen Bauwagen aufgestellt, ein älteres Modell. Eine weiß-rote polnische Fahne flattert darauf, in der Nähe hängt ein Transparent mit der Aufschrift: "Schiefergas - der Tod der Landwirtschaft." Am Straßenrand sind auf Stöcken sieben Gasmasken aufgepflanzt.

In Polen liegen vielleicht Europas größte Schiefergasvorkommen

In ihrem Bauwagen, der mit Sitzgelegenheiten und einem aus Metallteilen geschmiedeten Kanonenofen ausgestattet ist, haben sich vier Frauen und zwei Männer, darunter der Ortsvorsteher, eingefunden, um zu erzählen, was die draußen angebrachte Parole "Occupy Chevron" meint; im Laufe des Gesprächs kommen weitere Frauen und Männer hinzu. Gemeinsam wollen die Bewohner von Żurawlów den internationalen Energiekonzern Chevron daran hindern, auf diesem Feld vor ihrem Dorf eine Probebohrung niederzubringen. Chevron möchte erkunden, wie groß die Vorräte an Schiefergas sind, die unter diesem Terrain und unter vielen anderen Feldern hier im Südosten Polens vermutet werden.

Große Hoffnungen verbinden sich mit solchen Prospektionen. Auch andere Firmen haben insgesamt rund 50 Konzessionen für Probebohrungen im ganzen Land erhalten. Seit unter polnischer Erde vor ein paar Jahren große Lagerstätten an Schiefergas entdeckt wurden, womöglich die größten in Europa, sind polnische Politiker überzeugt, dass in der Energiepolitik "eine neue Epoche" begonnen hat, wie der Premierminister Donald Tusk es formulierte. Andere schwärmten, aus Polen könnte ein neues Norwegen werden, das großen Reichtum aus seinen Ölvorkommen generiert. "Wir rechnen alle damit, dass es ein wahres El Dorado wird", erklärte auch Grażyna Piotrowska-Oliwa, die Vorstandsvorsitzende der staatlichen Öl- und Gasgesellschaft (PGNiG), vor einem Jahr.

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