Frachtschiff Hansa Stavanger:Reederei rechtfertigt sich

Nach vier Monaten in der Gewalt von Piraten ist der Frachter Hansa Stavanger auf dem Weg nach Mombasa. Die Reederei rechtfertigt die langen Verhandlungen.

Nach seiner Freilassung aus der Gewalt von Piraten hat der deutsche Frachter Hansa Stavanger Kurs auf die kenianische Hafenstadt Mombasa genommen.

Frachtschiff Hansa Stavanger: Auf dem Weg nach Kenia: Das bis dato gekaperte Frachtschiff "Hansa Stavanger".

Auf dem Weg nach Kenia: Das bis dato gekaperte Frachtschiff "Hansa Stavanger".

(Foto: Foto: ddp)

Von dort würden die Seeleute, darunter fünf Deutsche, in ihre Heimatländer zurückfliegen, kündigte Außenminister Frank-Walter Steinmeier an. Den Besatzungsmitgliedern gehe es nach den Strapazen der vergangenen Wochen den Umständen entsprechend gut. Ein Marinearzt sei nach der Freilassung des Schiffes an Bord der Hansa Stavanger gegangen und habe die Crew untersucht, sagte ein Sprecher der EU-Operation Atalanta. "Es besteht keine akute Gefährdung für Leib und Leben. Die psychische Belastung ist an der Besatzung aber nicht ohne Spur vorbeigegangen."

Über die Freilassung des Frachtschiffs herrscht große Erleichterung. Der Geschäftsführer von Leonhardt und Blumberg, Frank Leonhardt, sagte, er habe sich in einem Telefongespräch davon überzeugen können, dass es den 24 Besatzungsmitgliedern den Umständen entsprechend gut gehe. Er selbst sei froh, erleichtert und freue sich mit den Seeleuten und ihren Angehörigen.

Gleichzeitig rechtfertigte die Hamburger Reederei die monatelange Dauer der Lösegeldverhandlungen mit den Piraten. "Einem solchen Gegner muss mit besonnenem statt mit übereiltem Handeln begegnet werden", sagte Geschäftsführer Frank Leonhardt.

Bei den Piraten handele es sich um "skrupellose Kriminelle" und unzuverlässige Gesprächspartner. "Viele Aussagen der Gegenseite waren wenige Stunden später schon nichts mehr wert." Das habe eine Lösung erschwert und viel wertvolle Zeit gekostet. Zu Einzelheiten der Freilassung oder zur Höhe des Lösegelds äußerte Leonhardt sich nicht.

Angesichts der vier Monate, die Schiff und Crew von den somalischen Seeräubern festgehalten worden waren, sprach Leonhardt von einer "schier unerträglich langen Zeit" für die Besatzungsmitglieder und deren Angehörige. "Keiner von uns vermag sich vorzustellen, welche unzumutbare seelische Belastung das gewesen ist."

In Sicherheitskreisen hieß es, die Hansa Stavanger stehe unter dem Schutz der deutschen Fregatten Rheinland-Pfalz und Brandenburg. Eines der Kriegsschiffe werde den Frachter, der sich derzeit noch vor der somalischen Küste befinde, voraussichtlich bis Mombasa begleiten, wo es voraussichtlich am Donnerstag eintreffen werde, erklärte Leonhardt. Von dort soll die Besatzung so schnell wie möglich per Flugzeug in ihre Heimatländer zurückfliegen.

GSG9-Einsatz abgebrochen

Die Piraten hatten die Hansa Stavanger und ihre Besatzung am Montag nach vier Monaten freigegeben und dafür nach eigenen Angaben ein Lösegeld von 2,7 Millionen Dollar erhalten. Das 20.000 Tonnen große Schiff war am 4. April 400 Seemeilen von Somalia entfernt gekapert worden. An Bord sind fünf Deutsche, drei Russen, zwei Ukrainer und 14 Philippiner.

Ein Versuch, die Seeleute mit Hilfe der Polizei-Elitetruppe GSG9 zu befreien, war vor einigen Wochen kurz vor Beginn der Aktion abgebrochen worden. Die Piraten machen seit einigen Jahren den vielbefahrenen Seeweg zwischen Europa und Asien im Indischen Ozean und im Golf von Aden unsicher. Sie haben viele Millionen Dollar Lösegeld erpresst. Zur Bekämpfung der Piraterie ist eine internationale Flotte von Kriegsschiffen im Einsatz, an der sich auch die deutsche Marine beteiligt.

Die Grünen kritisieren indes das deutsche Krisenmanagement. "Mit der Entführung endet auch eine chaotische Pannenserie der Bundesregierung", sagte Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin in Berlin. Er erinnerte an den geplanten Einsatz der GSG 9, der Ende April in letzter Minute gestoppt worden war. Um weitere Entführungen zu verhindern, müssten jetzt die Einsatzkräfte am Horn von Afrika gebündelt und die Stabilisierung Somalias in Angriff genommen werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: