Süddeutsche Zeitung

FPÖ:Wie die Schlange Kaa

Die FPÖ umgarnt ihren früheren Partner ÖVP und will mit ihm wieder eine Koalition bilden. Doch der abgewählte Kanzler Sebastian Kurz sollte sich hüten, sich noch einmal mit der rechten Truppe einzulassen. Die ist zwar unbedingt regierungswillig, aber tatsächlich regierungsunfähig.

Von Peter Münch

Parteitage der FPÖ sind meist nichts für zarte Seelen, doch an diesem Wochenende haben sich Österreichs Freiheitliche von ihrer freundlichsten Seite gezeigt. Sie haben Norbert Hofer zum Vorsitzenden gewählt, und der neue Chef hat nach Art der Schlange Kaa aus dem Dschungelbuch nicht nur sanft-säuselnd die Delegierten umgarnt, sondern auch die alten Partner von der ÖVP. Oberstes Ziel ist eine Fortsetzung der gescheiterten Koalition. Die FPÖ will Sebastian Kurz ein Angebot machen, das er kaum ablehnen kann. Doch er sollte sich hüten, sich noch einmal auf diese Truppe einzulassen.

Denn jenseits der hypnotisierenden Slogans hat auch dieser Parteitag gezeigt, dass die FPÖ zwar unbedingt regierungswillig, aber strukturell regierungsunfähig ist. Für die Zukunft drohen den Freiheitlichen massive Flügelkämpfe, für die eigene Vergangenheit übernehmen sie weiterhin keine Verantwortung. Dass dies auch für die jüngste Vergangenheit gilt, zeigt der Umgang mit dem Ibiza-Video. Statt mit ernsthafter Aufarbeitung hat die FPÖ darauf vor allem mit einem trotzigen "Jetzt erst recht" reagiert.

Es zeugt von reichlich Chuzpe, aus dem alten Versagen einen neuen Anspruch aufs Regieren abzuleiten. Wer sich diese Partei zum Partner nimmt, der übernimmt die Verantwortung fürs Scheitern gleich mit.

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Quelle:
SZ vom 16.09.2019
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