FPÖ:Hitler-Bilder auf Whatsapp, "Untermenschen"-Hetze und ein antisemitisches Liederbuch

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache

Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache ist Chef der FPÖ, deren Mitglieder immer wieder wegen rechtsextremer Entgleisungen auffallen.

(Foto: dpa)
  • Das Mauthausen Komitee Österreich hat rechtsextreme Umtriebe bei der Regierungspartei FPÖ untersucht.
  • Das Fazit: "Der Widerspruch zwischen der Selbstdarstellung und den belegten Fakten könnte nicht größer sein."
  • Eine neue Broschüre dokumentiert 38 Fälle allein aus den vergangenen acht Monaten.

Von Peter Münch, Wien

Wenn Kreide verteilt wird zum Verzehr, dann stehen die FPÖler gern in der ersten Reihe. Seit Österreichs Freiheitliche nach der Wahl im Oktober zur Regierungspartei promoviert wurden und ihr Chef Heinz-Christian Strache als Vizekanzler amtiert, geben sie sich gemäßigt. Nach Einschätzung des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ), das einst von Überlebenden des KZ Mauthausen gegründet wurde und gegen Rassismus ankämpft, ist jedoch das Gegenteil der Fall: "Die Zahl der rechtsextremen Aktivitäten von FPÖ-Politikern hat stark zugenommen", heißt es dort - und belegt wird dies mit einer langen Liste.

Den Scheinwerfer auf die Umtriebe in den Reihen der Rechtspopulisten hatte das Mauthausen Komitee bereits im Wahlkampf gerichtet, als es ein Kompendium von vorgeblichen "Einzelfällen" vorlegte. 68 Entgleisungen seit 2013 waren dort aufgeführt. Die Fortsetzung, die unter dem Titel "Die FPÖ und der Rechtsextremismus: Einzelfälle und Serientäter" vorgelegt wird, dokumentiert 38 Fälle allein aus den vergangenen acht Monaten. Es geht um Nazi-Nähe, um Rassismus und um Antisemitismus, auf allen Ebenen der Partei. Acht von 38 Fällen betreffen Mitglieder der Parteispitze oder der Bundesregierung.

Da ist zum Beispiel der Tullner Bezirksparteiobmann Andreas Bors, dessen Entsendung in den Bundesrat im November daran scheitert, dass ein Jugendfoto von ihm auftaucht, auf dem er den Hitlergruß zeigt. Ein FPÖ-Gemeinderat aus Krumbach verschickt per Facebook als Weihnachtsgruß das Titelblatt einer NS-Frauenzeitschrift, angeblich unwissend. Ein FPÖ-Bezirksparteiobmann bedachte Parteifreunde per Whatsapp mit Hitler-Bildern und der Unterschrift: "Adolf, bitte melde dich. Deutschland braucht dich." Er will das als Warnung davor verstanden wissen, dass solche Bilder im Umlauf seien.

Zu all dem kam noch die Liederbuchaffäre einer Burschenschaft, die auf den "Juden Ben Gurion" die Zeile reimte: "Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million". Erst nach öffentlichem Druck trat der zur Burschenschaft gehörende niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer zurück.

Das Mauthausen Komitee zieht den Schluss, dass "der Antisemitismus in der FPÖ wieder wesentlich offener zutage" trete. Gezählt werden dazu auch Angriffe auf den US-Milliardär George Soros. Im Fahrwasser des ungarischen Premiers Viktor Orbán verkündete der FPÖ-Fraktionschef Johann Gudenus, der jüdische Philanthrop sei daran beteiligt, Flüchtlingsströme nach Europa zu lenken. Dafür gebe es "stichhaltige Gerüchte". Eine FPÖ-Funktionärin aus Niederösterreich beschimpfte Flüchtlinge als "Untermenschen" und will nicht gewusst haben, dass dies ein NS-Begriff ist. FPÖ-Innenminister Herbert Kickl kündigt an, er wolle sie in Österreich "konzentriert" in Massenquartieren halten.

Das Mauthausen Komitee hält die Linie der FPÖ-Spitze für "völlig unglaubwürdig", dass sie weder Neonazismus noch Antisemitismus dulde. "Der Widerspruch zwischen der Selbstdarstellung und den belegten Fakten könnte nicht größer sein", sagt der MKÖ-Vorsitzende Willi Mernyi. Parteichef Strache, der eine Historiker-Kommission ins Leben gerufen hat, die sich mit der eigenen rechten Vergangenheit befassen soll, habe wohl lediglich einen "Umbau von Feindbildern" im Sinn, heißt es - statt gegen Juden gehe es gegen Muslime oder Flüchtlinge. Doch selbst das werde verhindert durch die "tief verwurzelten antisemitischen Denkmuster".

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