Süddeutsche Zeitung

FDP:Unten durch

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Für die Liberalen ist nun eines klar: Sie müssen sich in der Ampel stärker profilieren.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Der Andrang an einem Wahlabend war schon einmal größer im Hans-Dietrich-Genscher-Haus. Aber bei der FDP wussten sie vor der Öffnung der Wahllokale in Niedersachsen, dass es nicht erquicklich werden würde. Bei fünf Prozent lagen die Liberalen in den Umfragen, gefährlich nahe an der Todeszone. Und da landen sie dann auch in den Prognosen, sowohl bei der ARD als auch im ZDF. Später dann rutschen sie in den Hochrechnungen erst auf 4,9 Prozent, dann auf 4,8. Im Lauf des Abends heißt es dann: "Ziemlich sicher" sind sie nicht mehr drin im niedersächsischen Landtag.

Schon in Nordrhein-Westfalen war es eng, bei der Wahl im Mai. Erst als sich die Hochrechnungen bei deutlich mehr als fünf Prozent stabilisiert hatten, traten Parteichef Christian Lindner und die Präsidiumsmitglieder vor die Kameras. Diesmal stellen zwei der einflussreichsten Liberalen im Bund nur Minuten nach den Prognosen die zentralen Linien klar: Parteivize Wolfgang Kubicki sagt, gefragt nach der Doppelrolle Lindners als Bundesfinanzminister und Parteichef, er werde "heute Abend keine Personaldebatte geben" und auch morgen nicht, wenn die Gremien der zusammentreten. Christian Dürr, Chef der FDP-Bundestagsfraktion, stellt klar, dass die Ampel zwar "kein leichtes Bündnis ist für die FDP". Die Partei habe aber 2021 entschieden, "staatspolitische Verantwortung" zu übernehmen, weil die Union nicht regierungsfähig gewesen sei. "Vor der Verantwortung läuft man nicht weg", fügt er hinzu.

Es ist erst kurz nach halb sieben, und keinesfalls klar, wie der Abend für Spitzenkandidat Stefan Birkner in Niedersachsen ausgehen wird, da tritt Lindner ans Mikrofon, um das schwache Ergebnis einzuordnen. Von einem "traurigen Abend für die Freien Demokraten" spricht er, von einem politischen Rückschlag. Es sei offenkundig nicht gelungen, eine linke Koalition in Niedersachsen zu verhindern. Was dann folgt, hat er in Variationen auch schon nach den Wahlschlappen im Westen und in Schleswig-Holstein gesagt.

Für Parteichef Lindner ist die Schlappe ein "landespolitisches Ergebnis"

Er zollt dem Spitzenkandidaten Respekt. Landespolitisch habe ein sehr starker Fokus auf der Persönlichkeit des Ministerpräsidenten Stephan Weil gelegen, die FDP habe es in solchen Konstellationen schwer. Es sei im Wahlkampf aber auch nicht gelungen, von Berlin aus politischen Rückenwind zu organisieren. Zu kauen dürfte der FDP geben, dass der um die Energiepolitik angelegte Wahlkampf nicht gezogen hat. Es war für die Wähler in Niedersachsen das wichtigste Thema, und fast drei Viertel gaben in Umfragen an, dass sie wollen, dass die drei noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke weiterlaufen. Für die Bemühungen um eine "rationale, verantwortbare und ideologiefreie Energiepolitik" habe man "keine Rückendeckung erhalten", sagte Lindner - vielleicht, weil die Begeisterung über Fracking und die Ausbeutung heimischer Gasreserven nicht ganz so groß ist. Er nehme das zur Kenntnis, sagte der FDP-Chef - an der Linie aber will er festhalten. Die FDP müsse zudem die Menschen ansprechen, die sich mit ihren wirtschaftlichen Sorgen das Gefühl hätten, nicht gesehen zu werden von den etablierten Parteien. Es sei ein besonderer Auftrag der Liberalen, der arbeitenden Mitte, den Handwerkern und dem Mittelstand zu signalisieren, dass sie nicht allein gelassen würden.

Letztlich ist die Schlappe in Niedersachsen für Lindner ein "landespolitisches Ergebnis", auch wenn die FDP es "sehr präzise bundespolitisch auswerten" wolle. Viele Anhänger fremdelten mit der Ampel-Koalition. Wie die FDP ihre sich in dem Bündnis noch stärker profilieren könne, so dass Wählerinnen und Wähler sie als Partei der Mitte wahrnehmen, darum müsse es jetzt gehen. Daran allerdings versuchen sich die Liberalen seit einiger Zeit vergeblich.

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