Fotoblog:Mein Stück Europa

In Polen, Litauen oder Brüssel - wo und wann war Ihr europäischer Moment? Und welcher Gegenstand symbolisiert am besten, was Europa für Sie bedeutet?

9 Bilder

Europakarte

Quelle: Raoul Humpert

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Während meines Studiums war ich für einen einjährigen Erasmus-Aufenthalt (bei dem ich Menschen aus allen möglichen Ländern außer Frankreich kennenlernte) in Montpellier in Frankreich. Zum Abschied schenkten eine deutsche Freundin und ich unseren besten Freunden vor Ort (einer Italienerin und einem Spanier) eine Europakarte mit den Standorten all unserer Erasmus-Freunde, deren Foto in den jeweiligen Ländern aufgeklebt ist. Seitdem besuchen wir uns gegenseitig. Welche Freude, wenn man nach all den Jahren seine Freunde von damals in Lettland, Polen, Spanien, Bulgarien, Irland und vielen weiteren Ländern wiedersehen darf und man sich in ganz Europa willkommen fühlt. Danke EU, danke Europa. Raoul Humpert, Leser

Taizé-Kette Europa

Quelle: Elisa Britzelmeier

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Dieses kleine blaue Schmuckstück ist mein Stück Europa: meine Taizé-Kette. Sie steht für den Ort, an dem ich mich im Alter von 15 Jahren - und vor und nach mir Tausende andere Jugendliche - zum ersten Mal richtig europäisch gefühlt habe. In Taizé, einem Dorf in Burgund, Sitz einer ökumenischen Bruderschaft, treffen sich jedes Jahr junge Menschen aus aller Welt. Sie zelten, singen, feiern, diskutieren, schweigen und beten: Taizé wird gerne als christliches Dauer-Woodstock bezeichnet. Und die Internationalität, das beständig summende Sprachengewirr, macht einen großen Teil des Taizé-Gefühls aus.

Besonders viele Besucher kommen aus den europäischen Ländern. Egal, ob Petri aus Finnland uns Kartenspiele beibrachte, Andreea von ihrer Heimat Transsilvanien erzählte oder unsere portugiesischen Zeltnachbarn sich Heringe ausliehen - wir verstanden uns prächtig. Hier habe ich Menschen kennengelernt, aus deren Geschichten ich gelernt habe. So konnte ich auch später noch, beim Polen-Austausch etwa oder im Erasmus-Semester, vieles aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Und vor allem eine Einsicht gewinnen: Es gibt kein besseres oder schlechteres Europa. Elisa Britzelmeier, Mitarbeiterin Newsdesk

Weihnachtsmarkt Europa

Quelle: Timo Neubauer

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Das war ein für mich, aber auch ganz objektiv sehr europäischer Moment: Ich war mit meinen internationalen Arbeitskollegen in Deutschland auf dem Weihnachtsmarkt unterwegs. Keiner der Kollegen kannte Glühwein und Spekulatius, geschweige denn einen Weihnachtsmarkt, und da sind wir kurzerhand spontan nach der Arbeit rübergegangen. Ich darf sagen: Mit Glühwein und Spekulatius sowie der Atmosphäre wurde es zu einer wunderbaren Feierlichkeit mit unglaublich viel Spaß und gegenseitigem Interesse von anderen Kulturen zu lernen, was in diesem Foto festgehalten wurde.

Von links nach rechts sind folgende Nationen vertreten: Rumänien, Chile, Großbritannien, Tschechien, Deutschland und Bangladesch. Zugegeben, Chile und Bangladesch sind im wahrsten Sinne des Wortes relativ weit hergeholt für einen europäischen Moment, aber ich finde es gar nicht so unpassend, Europa so kosmopolitisch darzustellen. Timo Neubauer, Leser

Paris Europa

Quelle: Felicitas Kock

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Im Zusammenhang mit Europa fällt mir - wie wohl den meisten Akademikern in meinem Alter - als erstes mein Erasmus-Semester ein. Fünf Monate Paris, WG mit einer mir bis dahin unbekannten Österreicherin, mein Bett im Wohnzimmer, ihres im Durchgangszimmer zum Bad. Noch heute habe ich den eklig-süßlichen Geruch der Pariser Metro in der Nase.

Natürlich lernt man im Auslandssemester viel über sich selbst, aber auch über die europäischen Nachbarn. Die wichtigsten Erkenntnisse: Franzosen streiken tatsächlich so gerne, wie ihnen nachgesagt wird. Österreicher sagen "Kasten" zum Schrank und "ich bin dahin", wenn sie die Wohnung verlassen. Und Männer können nicht automatisch gut küssen, nur weil sie Italiener sind. Banal? Finde ich nicht. Europa kommt einem nun mal zuallererst durch die Menschen näher.

Die Glitzerkugel mit dem schon etwas trüb gewordenen Wasser ist ein gutes Symbol für die Zeit und für Paris allgemein: ein bisschen große weite Welt, ein bisschen Glitzer, aber alles auch ein wenig angestaubt und schäbig. Felicitas Kock, Mitarbeiterin Panorama, Leben und Stil

Wörterbuch EU

Quelle: Matthias Kolb

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Sommerurlaube in Italien, Schüleraustausch und Uni-Praktikum in Frankreich: Ich fühlte mich schon super-europäisch, bevor ich 2004 als Erasmus-Student nach Vilnius kam. Litauen war gerade der EU beigetreten und dort lernte ich nicht nur mithilfe dieses Wörterbuchs eine komplizierte Sprache, sondern viel mehr: dass es nicht jede Gesellschaft so reich ist wie die unsere, dass der Blick auf große Staaten wie Deutschland und Frankreich vom Rand ganz anders ist und es Teile der (ost)europäischen Geschichte gab, die mir neu waren und zum Nachdenken anregten. Ich fand viele Freunde in Litauen, auch in Estland und Lettland, mit denen ich heute noch via Facebook und Skype über Alltagsprobleme diskutiere - und darüber, welche Politik Russlands Präsident Putin gerade macht. Viele Perspektiven existieren, sie zu kennen und zu diskutieren - das ist für mich Europa. Matthias Kolb, Politikredakteur

armbänder

Quelle: Seba

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Diese Armbänder, die ich am Strand von Sardinien von einem illegal eingereisten Afrikaner gekauft habe, symbolisieren für mich das Leid an Europas Grenzen. Wir brauchen einheitliche Regelungen, um Asylsuchenden den Weg nach Europa leichter zu machen. Auch damit Europa, das seinen positiven Gemeinschaftsgedanken ja so gern in den Mittelpunkt stellt, nicht auf andere ausschließend wirkt. Europa sollte immer bunter und multikultureller werden. Seba, Leser

Himmelslaterne EU

Quelle: Sabrina Ebitsch

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Nein, kein frei flottierender Müllsack in Trendfarben und auch kein Gummipuppen-Torso. Was sonst als Himmelslaterne kitschromantisch von der polnischen Ostseeküste gen Horizont schwebt, musste notgedrungen mit einem Föhn im heimischen Wohnzimmer zum Abheben gebracht werden - mangels Wind, Panorama und Erlaubnis. Denn während die fliegenden Leuchtkörper im Nachbarland allabendliches Amüsement sind, sind sie ein paar Kilometer weiter hinter der Grenze auf deutscher Seite, quasi in Sichtweite, streng verboten (Luftsicherheit, Brandgefahr etc.). So nah und doch so fern ist man sich in Europa. Aber ein paar Latające lampiony werden, ganz im Sinne der Freizügigkeit, sicher auch über deutsche Gewässer verweht. Sabrina Ebitsch, Projektleiterin Die Recherche

Schnullerkette EU

Quelle: Kathrin Haimerl

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Gleich zwei Gegenstände, die was mit Europa zu tun haben: Der eine ist rund, blau, mit gelben Sternen. Es handelt sich um einen Kartenhalter aus Plastik, darin Spule mit Gummiband. Im Europaviertel in Brüssel hing daran meine Eintrittskarte zu den EU-Institutionen. So bürgernah sich die EU gerne gibt, so gesichert sind die Zugänge zu den Institutionen. Die Karte zeigte ein sensationell bescheuertes Foto von mir, weshalb ich der festen Überzeugung war, dass die Kontrolleure bei mir besonders grimmig schauten, um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen.

Meine Tochter jedenfalls hat den Kartenhalter samt Spule als Lieblingsspielzeug entdeckt, sie liegt deshalb griffbereit neben der Schnullerkette, in der EU-kritische Menschen ein Symbol für die Brüsseler Regelungswut sehen. Meiner Tochter dürfte das alles noch herzlich egal sein. Aber die blaue Plastikspule amüsiert sie köstlich. Liegt nicht am Foto, echt nicht. Die Karte ist inzwischen eh verschwunden, wofür ich nicht undankbar bin. Kathrin Haimerl, Politikredakteurin

flamenco Europa-Recherche

Quelle: Reinhard Hefele

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Mein Stück Europa ist mein Flamencokleid, das meine international-europäische Verbundenheit zeigt. Ich lebe heute in Südspanien, stamme aber aus Bayern. Das Flamencokleid war ursprünglich - wie das Dirndl, von denen ich ebenfalls etliche besitze, in Bayern - das Arbeitsgewand des einfachen Volkes im 19. Jahrhundert. Später wurde es aber auch von höheren Ständen getragen und trat schließlich Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts seinen internationalen Siegeszug als "Spanish Dress" an. So wurde es Vorbild für Ethnolook und manche Kollektionen internationaler Modeschöpfer. Ein wahres Stück Europa! Gabriele Hefele, Leserin

© SZ.de/sebi
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