Fördermittelaffäre:„Die Ministerin lässt den ganzen Ausschuss bewusst im Dunkeln“

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FDP-Ministerin Bettina Stark-Watzinger auf dem Weg zur Sondersitzung des Bundestagsbildungsausschusses. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Schon wieder muss Bettina Stark-Watzinger im Bildungsausschuss unangenehme Fragen zur Fördergeldaffäre beantworten. Was sie sagt, stellt den CDU-Abgeordneten Thomas Jarzombek nicht zufrieden.

Interview von Kathrin Müller-Lancé

Seit Monaten steht Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) wegen der Fördermittelaffäre unter Druck. Gab es Bestrebungen in ihrem Ministerium, Wissenschaftlern Fördergelder zu entziehen, die einen offenen Brief gegen die Räumung eines propalästinensischen Protestcamps unterschrieben hatten? Im Juni wurde bekannt, dass es im Ministerium einen entsprechenden Prüfauftrag gab.

Kurze Zeit später kam heraus, dass im Ministerium auch eine Namensliste der Unterzeichner, die Fördergelder des Ministeriums beziehen, erstellt wurde. Was wusste die Ministerin davon? Schon im Juni hatte der Bildungsausschuss des Bundestags Stark-Watzinger dazu befragt – mit geringem Erkenntnisgewinn. Am Dienstag nun ein neuer Versuch. Gab es diesmal mehr Antworten? Ein Gespräch mit Thomas Jarzombek (CDU), dem bildungspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, der die Sitzung mitbeantragt hat.

SZ: Herr Jarzombek, Sie hatten im Vorfeld gesagt, Sie erwarteten eine „Stunde der Wahrheit“. War das die Sitzung heute?

Thomas Jarzombek: Diese Erwartung wurde eindeutig enttäuscht. Die Ministerin hat im Ausschuss immer wieder Dinge vorgetragen, die sie schon vorher gesagt hatte, und Aussagen getroffen, bei denen man daran zweifeln kann, ob es wirklich so gewesen ist. Die Frage, um die sich alles dreht, wer eine Liste mit Namen von missliebigen und möglicherweise zu sanktionierenden Wissenschaftlern beauftragt hat, ist noch immer nicht klar.

Thomas Jarzombek, bildungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. (Foto: Jonathan Penschek/DPA)

Diese Namensliste wurde schon beauftragt, bevor die inzwischen entlassene Staatssekretärin Sabine Döring laut dem Ministerium einen weiteren missverständlichen Prüfauftrag veranlasst haben soll. Die Ministerin hat wiederholt gesagt, die Liste sei weder von ihr gewollt noch ihr vorgelegt worden, ein Fachabteilungsleiter habe sie beauftragt.

Ich halte es für schwer vorstellbar, dass dieser Auftrag ohne politische Weisung erfolgt ist, dass ein Fachabteilungsleiter von allein auf diese Idee kommt. Wie ungewöhnlich so ein Vorgang ist, sieht man ja daran, dass aus dem eigenen Referat kritische Anmerkungen kamen, dass man von förderrechtlichen Konsequenzen oder Ähnlichem abraten würde. Und trotzdem wurde an dem Auftrag festgehalten.

Sie hätten gern gehabt, dass auch Sabine Döring im Ausschuss spricht. Aber das Verwaltungsgericht Minden hat bestätigt, dass für Döring weiter die Verschwiegenheitspflicht gilt. Ein Teilsieg für das Ministerium?

Das glaube ich nicht. Die Richter haben ja selbst eingeräumt, dass aus der Darstellung des Ministeriums gar nicht hervorgegangen sei, dass Döring die Prüfung tatsächlich auch erbeten habe, nur, dass sie für den Prüfauftrag verantwortlich gewesen sei. Vielleicht musste Frau Döring als Sündenbock herhalten, genau wissen wir das immer noch nicht, weil Aufklärung fehlt.

Sie haben das Ministerium mehrfach aufgefordert, die interne Kommunikation über die Chatplattform Wire zu veröffentlichen. Die Ministerin sagte im Ausschuss, es handele sich um „politische persönliche Kommunikation“.

Das Ministerium hat dem Ausschuss nur Akten zur Verfügung gestellt, die längst vorher öffentlich waren. Das ist eine Provokation, auch für den eigenen Koalitionspartner. Dass die Wire-Kommunikation so privat nicht ist, zeigen Auszüge, die der Spiegel daraus veröffentlicht hat. Da sieht man, dass die Ministerin mit einer Gruppe von Mitarbeitern des Ministeriums über dienstliche Angelegenheiten kommuniziert hat, auch über den Umgang mit Fördergeldern. Auf meine Frage im Ausschuss, ob diese Kommunikation auch ordnungsgemäß veraktet worden sei, hat die Ministerin nicht geantwortet.

Die FDP-Abgeordnete Ria Schröder warf Ihnen im Ausschuss vor, Sie würden „mit Dreck werfen“.

Das ist ein harter Vorwurf. Den könnte man versuchen aufzubauen, wenn nur wir aus der Unionsfraktion kritische Fragen stellen würden. Aber diese Fragen wurden ja im Vorfeld genauso von der SPD und den Grünen gestellt, Stark-Watzingers eigenen Koalitionspartnern. Die Ministerin lässt den ganzen Ausschuss bewusst im Dunkeln.

Die Bildungsgewerkschaft GEW fordert einen Untersuchungsausschuss zu der Affäre. Halten Sie das für sinnvoll?

Wenn die Dinge, um die es hier geht, mündlich passiert und nicht in Akten verschriftlicht sind, würden wir auch in einem Untersuchungsausschuss nicht schlauer werden. Da kann man sich die Ressourcen am Ende sparen. Ich glaube trotzdem, dass Frau Stark-Watzinger ihr Vertrauen in der Wissenschaftscommunity verspielt hat.

Wie geht es jetzt weiter?

Die SPD hat noch einmal gefordert, die Wire-Kommunikation einsehen zu können, dem schließen wir uns an. Auch das Transparenzportal „Frag den Staat“ hat die Kommunikation angefragt, dazu steht noch ein Gerichtsurteil aus. Wenn das kommt, könnte es noch mal interessant werden.

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