Untersuchungsausschuss:Nach der Flut: Ministerin blieb sogar neun Tage auf Mallorca

Untersuchungsausschuss: Gleich wieder nach Spanien: die Christdemokratin Ursula Heinen-Esser.

Gleich wieder nach Spanien: die Christdemokratin Ursula Heinen-Esser.

(Foto: Imago)

NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser korrigiert sich: Sie blieb nach der Katastrophe im Sommer 2021 länger in Spanien als bislang eingeräumt. Die Opposition fordert ihren Rücktritt.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) hielt sich unmittelbar nach der Jahrhundertflut im Juli 2021 sogar neun Tage lang in ihrer Ferienwohnung auf Mallorca auf. Ursprünglich hatte ihr Ministerium in einem Vermerk für den Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags nur fünf Tage angegeben. Die CDU-Politikerin korrigierte ihre Angaben nun in einem Brief an den Ausschuss und erklärt die bisher unvollständige Auskunft als "Folge eines Bürofehlers".

Stefan Kämmerling, der Sprecher der oppositionellen SPD im Ausschuss, warf der Ministerin am Montag vor, dem Landesparlament per "Salami-Taktik" gleichsam "scheibchenweise immer neue Details" zu offenbaren. Er forderte den Rücktritt von Heinen-Esser. Zudem stehe im Raum, dass die Ministerin vor dem Ausschuss "nicht die ganze Wahrheit gesagt" habe.

Bei der Sommerflut im vorigen Jahr waren am 14. und 15. Juli 2021 49 Menschen in NRW ums Leben gekommen. Die Sachschäden wurden auf 13 Milliarden Euro geschätzt. Heinen-Essers Umweltministerium ist für Hochwasserschutz und Müllentsorgung zuständig. Während der bisherigen Aktenprüfungen und Zeugenvernehmungen im Ausschuss gab es wiederholt Hinweise, dass die Landesverwaltung das heraufziehende Unwetter unterschätzt und zu spät gewarnt hatte.

Bei dem Streit geht es vor allem um Heinen-Essers Aufenthalt auf Mallorca nach der Flut. Die 56 Jahre alte CDU-Politikerin war von den Überschwemmungen überrascht worden und am 15. Juli 2021 aus Spanien nach Düsseldorf zurückgekehrt. Dort nahm sie am Freitag (16. Juli) an einer Krisensitzung des NRW-Kabinetts und an einer Pressekonferenz des ihr unterstellten Landesumweltamtes (Lanuv) teil.

Waren die Angaben vorsätzlich falsch?

Während ihrer Vernehmung am 25. Februar 2022 war ein Vermerk im Ausschuss zur Sprache gekommen, wonach Heinen-Esser dann erneut vom 17. bis 21. Juli 2021 (Samstag bis Mittwoch) auf Mallorca weilte. Die Umweltministerin hatte ihre Abwesenheit bestätigt: Sie habe sich um ihre 15-jährige Tochter und deren vier Freundinnen kümmern müssen. Zugleich betonte sie, sie habe dort "im Homeoffice" ihre Amtsgeschäfte "vollumfänglich wahrgenommen".

Am Freitag voriger Woche nun korrigierte Heinen-Esser die bis dahin bekannten Abläufe. In einem Schreiben an den Untersuchungsausschuss erklärte die CDU-Politikerin, sie sei bereits einen Tag früher, nämlich am 16. Juli 2021 (Freitag) um 16.15 Uhr zurück auf die Balearen geflogen. Zudem blieb sie nicht bis zum 21. Juli, sondern vier Tage länger: "Der Rückflug erfolgte am 25. 07. 2021 (Flugnummer EW 599, Palma de Mallorca - Köln/Bonn, Abflug 17.30Uhr)," heißt in dem Brief, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Die zuvor inkorrekten Angaben erläutert Heinen-Esser als "Bürofehler" in einem früheren Schreiben an die NRW-Staatskanzlei. Nach SZ-Informationen handelt es sich bei der nun korrigierten Notiz jedoch um eine Auskunft, die direkt vom Umweltministerium an den Untersuchungsausschuss ging. Dies ist heikel, weil für vorsätzlich falsche oder unvollständige Angaben gegenüber dem Untersuchungsausschuss Freiheitsstrafen von drei Monaten bis fünf Jahren drohen können.

SPD und Grüne hatten die Ministerin wegen ihrer Reise zurück nach Mallorca unmittelbar nach der Hochwasser-Katastrophe bereits mehrmals scharf kritisiert. "Sie setzte ihren Urlaub fort, während zehntausende betroffene Menschen in den Trümmern ihrer Existenz standen", bemängelte SPD-Mann Kämmerling am Montag.

Zur SZ-Startseite
Flooding in Germany aftermath

SZ PlusHochwasser
:Chronik des Versagens

Im Sommer 2021 erlebt Nordrhein-Westfalen eine Jahrtausendflut. Seitdem beherrscht eine Frage die Diskussion: Warum hat die Landesregierung ihre Bürger nicht früher gewarnt? Eine Spurensuche in Stolberg - und auf den Wegen der Düsseldorfer Bürokratie.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: