Wenn der Mainzer Landtag am Mittwoch zu einer Sondersitzung zusammenkommt, wird es ein großes Thema geben: die "Rolle und unmittelbare Verantwortung" von Innenminister Roger Lewentz (SPD) in der Nacht der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz. Ein großes Thema, und viel zu besprechen.
In der vergangenen Woche - und damit 14 Monate nach der Katastrophe - waren Videos aus einem Polizeihubschrauber öffentlich geworden, dann ein Bericht der Piloten. Sie zeigen das Ausmaß der Flut. Die Informationen stehen im Widerspruch zu den bisherigen Aussagen des Innenministers. Er hatte gesagt, er sei von einem "punktuellen Hochwasser" ausgegangen, ihm habe auch "kein vollständiges Lagebild" vorgelegen. Kurz vor der Landtagssitzung ist jetzt noch eine E-Mail aufgetaucht, die nicht nur viele betroffene Orte benennt, so viele Punkte, dass daraus eigentlich ein Bild hätte werden müssen. Sie beschreibt auch die Not der Menschen.
Dreyer erwartet, "dass die offenen Fragen geklärt werden"
Die E-Mail, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wurde in der Flutnacht vom Lagezentrum des Innenministeriums an zwei Polizeipräsidien verschickt und von dort offenbar wieder zurück. Der Betreff: "EILT". Zunächst geht es darin um betroffene Orte, gelistet werden Schuld, Ahrweiler, Adenau, Altenahr. In Schuld seien mindestens sechs Häuser weggeschwemmt worden, 25 weitere drohten einzustürzen. Die Bundesstraße B9 sei zwischen Rolandseck und Remagen komplett gesperrt. In mehreren Polizeiinspektionen seien PC, Telefon, Strom teilweise ausgefallen. Dann geht es um Menschen.
"Viele Häuser wurden durch Rettungsdienste evakuiert, Anzahl nicht bekannt, weitere Evakuierungen laufen", heißt es in der E-Mail. Es gingen viele Notrufe ein, Menschen stünden auf Dächern oder seien in Häusern oder Autos eingeschlossen. "Menschenleben in Gefahr." Und weiter. "Laut Zeugenangaben in Altenahr eine Person in der Wohnung ertrunken." Die Angabe sei allerdings nicht gesichert, weil die Kräfte nicht an die Wohnung kämen. Was fehlt hier zu einem "vollständigen Lagebild"?
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Aus dem Innenministerium heißt es, die E-Mail habe dem Minister in der Nacht nicht vorgelegen. Die Antwort des Polizeipräsidiums sei erst um 1.49 Uhr eingegangen. Ob der Minister sich anders verhalten hätte, hätte er die E-Mail gekannt, darauf antwortete das Ministerium nicht.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) meldete sich derweil über die Staatskanzlei. Sie erwarte, "dass die offenen Fragen vom Innenminister geklärt werden", sie selbst habe "keine eigenen Erkenntnisse" zu den Dokumenten.