Flugzeugindustrie:Absturz bringt Boeing in Nöte

Nach dem Unglück in Äthiopien wird ein Drittel aller Maschinen des Typs "737 Max 8" vorerst nicht mehr eingesetzt. Der Aktienkurs des amerikanischen Konzerns bricht ein.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Nach dem Absturz einer Boeing 737 Max 8 der Ethiopian Airlines haben China und Indonesien ihren heimischen Fluggesellschaften bis auf Weiteres verboten, das Modell einzusetzen. Darüber hinaus beschlossen mehrere Betreiber freiwillig, die Maschine nicht mehr zu fliegen, bis weitere Erkenntnisse zur Absturzursache vorliegen, unter ihnen Ethiopian. Etwa ein Drittel der weltweit rund 350 ausgelieferten 737 Max 8 sind betroffen, bislang haben sich aber keine europäischen Anbieter der Entscheidung angeschlossen.

Die Maschine der Ethiopian Airlines war am Sonntagmorgen kurz nach dem Start in Addis Abeba aus noch unbekannter Ursache abgestürzt. Keiner der 157 Menschen an Bord hat den Unfall überlebt. Am Montag bargen Ermittler den Flugdatenschreiber und den Cockpit-Stimmenrekorder. Sie erhoffen sich nun schnell Aufschlüsse über die Unfallursache.

Fluggesellschaften weltweit sind vor allem deshalb so alarmiert, weil nun bereits zwei fast neue 737 Max 8 innerhalb von gut vier Monaten verunglückt sind. Am 29. Oktober 2018 war eine Maschine der indonesischen Billigfluggesellschaft Lion Air 13 Minuten nach dem Start ins Meer gestürzt. Bei dem Unfall starben 189 Menschen. Die Untersuchungen dauern noch an.

Allerdings hat bei dem Absturz womöglich eine neue automatische Funktion der Flugsoftware namens Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS) eine Rolle gespielt. MCAS soll verhindern, dass die 737 in einen zu steilen Anstellwinkel gerät, die Strömung abreißt und der Auftrieb nicht mehr ausreicht. Es drückt, wenn es eine solche Gefahr erkennt, die Nase des Flugzeugs nach unten. Bei der Lion-Air-Maschine sprach das System offenbar auf der Basis falscher Daten überraschend an, und die Piloten wussten nicht, wie sie es ausschalten sollten. Boeing stand anschließend in der Kritik, die Betreiber nicht ausreichend über die Funktionsweise informiert zu haben. Nach dem zweiten Absturz verlor der Kurs der Boeing-Aktie an der New Yorker Börse am Montag mehr als fünf Prozent.

Ob MCAS auch beim Ethiopian-Unfall ein Faktor war und damit Boeing ein schwerwiegendes grundlegendes Problem mit der neuesten Generation der 737 hat, war hingegen am Montag noch nicht absehbar. Die Crew des Fluges ET302 meldete der Fluggesellschaft zufolge kurz nach dem Start Probleme mit der Maschine und bat die Flugsicherung darum, nach Addis Abeba zurückkehren zu dürfen. Sechs Minuten nach dem Start brach aber der Kontakt ab. MCAS springt erst an, wenn die Landeklappen ganz eingefahren sind. Diese werden aber beim Start ausgefahren und bleiben auch in der Anfangsphase des Steigfluges in dieser Position.

Deutsche Airlines setzen die 737 Max 8 bisher nicht ein. Lufthansa hat das Modell nicht bestellt. Tuifly will noch in dieser Woche die erste Maschine übernehmen und die Flotte bis Jahresende um fünf weitere Flugzeuge aufstocken. Weltweit ist die US-Billigfluggesellschaft Southwest mit derzeit 31 Maschinen größter Kunde.

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