Flugzeugattentat von Detroit:Der Vater warnte vergeblich

Der Flugzeugattentäter von Detroit ist gut erzogen: Sein Vater war in Nigeria Minister. Doch frühe Warnungen vor Radikalisierung blieben ohne Erfolg.

Einen Tag nach dem vereitelten Anschlag auf ein US-Verkehrsflugzeug hat die US-Justiz Anklage gegen den mutmaßlichen Attentäter, einen 23-jährigen Nigerianer, erhoben. Nach Angaben amerikanischer Medien verlas ein Richter am Samstag bei einer Anhörung im Universitätskrankenhaus in Ann Arbor im US-Bundesstaat Michigan Umar Farouk Abdulmutallab die Anklage.

Mutmaßlicher Attentäter von Detroit, Umar Farouk Abdulmutallab, Reuters

Gegen den mutmaßlichen Flugzeugattentäter von Detroit, den 23-jährigen Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab (hier auf einer undatierten Archivaufnahme), wurde in den USA Anklage erhoben.

(Foto: Foto: Reuters)

Abdulmutallab wird beschuldigt, einen Sprengkörper an Bord eines Airbus gebracht und vesucht zu haben, das Flugzeug in die Luft zu sprengen. Beide Anklagepunkte können mit jeweils bis zu 20 Jahren Haft bestraft werden.

Verbindungen zu al-Qaida "plausibel"

Der 23-Jährige mutmaßliche Täter wird in dem Universitätskrankenhaus in Ann Arbor wegen seiner Brandverletzungen behandelt. Er wurde zur Anhörung in einem Rollstuhl in den Saal gebracht. Die Frage, ob er die Anklagepunkte verstehe, bejahte er.

Ermittlungsbeamte sagten, der Verdächtige habe ihnen mitgeteilt, dass er die explosiven Chemikalien und eine Spritze, die in seine Unterwäsche eingenäht war, von einem Bombenexperten im Jemen erhalten habe, der mit dem Terrornetzwerk al-Qaida zusammenarbeite.

Auch wenn die US-Bundesbehörden die Verbindung in den Jemen bisher nicht bestätigen wollten, wird die Einlassung des Beschuldigten von einem Ermittlungsbeamten nach Angaben der New York Times als "plausibel" eingestuft.

Der Nigerianer hatte am Freitag versucht, eine Maschine der US- Fluggesellschaft Delta mit fast 300 Menschen an Bord kurz vor der Landung in Detroit zum Absturz zu bringen.

Vater warnte vor radikalislamischen Überzeugungen

Erste Ermittlungen zum verwendeten Sprengsatz ergaben mittlerweile, dass er Nitropenta (PETN), einen hochexplosiven Sprengstoff, enthielt. Weiter wurde bekannt, dass der Vater des des mutmaßlichen Attentäters von Detroit die US-Behörden schon Monate vor dem Attentat vor den radikalislamischen Überzeugungen seines Sohnes gewarnt haben soll.

Umaru Mutallab sei über die zunehmende Radikalität seines Sohnes so besorgt gewesen, dass er im Sommer die US-Botschaft in Abuja und nigerianische Sicherheitsvertreter gewarnt habe, berichtete die nigerianische Zeitung This Day unter Berufung auf Angehörige.

Regierungskreise in Washington bestätigten, dass es eine entsprechende Warnung gegeben habe. Der Name des verhinderten mutmaßlichen Flugzeugattentäters tauche wegen möglicher Verbindungen zu al-Qaida und zum Jemen in US-Geheimdienstberichten auf, die vor etwa vier Wochen datierten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Abdulmutallab trotz der Warnungen seines Vaters in die USA einreisen durfte.

Unterstützer des Taliban-Regimes

Da der Vater aber keine näheren Informationen gehabt habe, sei Abdulmutallab nicht auf eine Liste gesetzt worden, die ihm Flüge in die USA verboten oder ihn besonderen Sicherheitskontrollen unterworfen hätten. Die Informationen hätten auch nicht ausgereicht, dem 23-Jährigen das bis Juni 2010 gültige Besuchervisum für die USA zu entziehen.

Mutallab, ein angesehener Bankier und ehemaliger nigerianischer Minister für wirtschaftliche Entwicklung, wollte die entsprechenden Informationen zunächst nicht bestätigen. Er sei derzeit noch "zu verstört" und nicht in der Lage zu sprechen, sagte der 70-Jährige am Telefon. Am Montag werde er sich auf einer Pressekonferenz äußern.

Seinen Sohn Umar Farouk Abdulmutallab, das jüngste von 16 Kindern, ließ Mutallab in der British International School in der togolesischen Hauptstadt Lomé ausbilden. Später dann studierte Umar Farouk Maschinenbau in London, wo die Familie laut Presseberichten ein Haus besitzt.

Kontakt zur Familie abgebrochen

Schon in der British School soll der Junge durch seine zunehmend radikal-religiösen Ansichten aufgefallen sein. Wegen seiner anhaltenden Reden über den Islam gaben seine Klassenkameraden ihm den Spitznamen "Alfa" - Gelehrter - wie This Day berichtet.

Laut dem Blatt zog es Abdulmutallab nach Ende seines Studiums in Großbritannien 2008 nach Ägypten und Dubai. Dort brach er alle Verbindungen zu seiner Familie ab.

Ein Lehrer des heute 23-Jährigen berichtete, Umar Farouk habe als Jugendlicher das afghanische Taliban-Regime unterstützt hat. "Während meine anderen muslimischen Schüler die Taliban für einen Haufen von Spinnern hielten, fand er sie ganz in Ordnung", sagte Michael Rimmer dem britischen Rundfunksender BBC.

Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen

Offenbar wollte der junge Nigerianer im vergangenen Mai für einen weiteren sechsmonatigen Maschinenbaukurs nach London zurückkehren. Da das College von den Behörden aber nicht anerkannt sei, habe er kein Visum erhalten, bestätigte ein Regierungsvertreter einen Bericht der Sunday Times.

Unterdessen verschärfte das US-Heimatschutzministerium die Kontrollen für Flugreisen. Auch arbeiteten die USA eng mit anderen Regierungen zusammen, um die Sicherheitsvorkehrungen auf Flughäfen und in Maschinen zu verstärken, teilte die Heimatschutzministerin Janet Napolitano mit. Wer aus dem Ausland in die USA fliege, müsse sich auf zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen einstellen.

Auch in Deutschland werden die Kontrollen im Luftverkehr verschärft. Wie das Bundespolizeipräsidium in Potsdam mitteilte, werde der Vorfall in Detroit zum Anlass genommen, die bestehenden hohen Sicherheitsstandards durch zusätzliche Kontrollmaßnahmen zu ergänzen. Reisende in die USA wurden gebeten, sich gegebenenfalls auf längere Wartezeiten einzustellen.

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