Flugverkehr:Ende eines Aufstiegs

Der Luftraum gesperrt, die Landeerlaubnis entzogen: Die Krise stürzt die Fluglinie Qatar Airways in große Probleme. Eigentlich wuchs das Unternehmen stark, doch die US-Sicherheitsvorschriften haben ihm schon seit dem Frühjahr zu schaffen gemacht.

Von Jens Flottau

Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien meinen es offenkundig ernst mit dem Versuch, Katar zu isolieren. Sie haben kurzerhand ihren Luftraum für Qatar Airways geschlossen - und das Unternehmen damit in eine schwere Krise gestürzt. Ziele in den vier Ländern machen fast 20 Prozent der Kapazität der stark wachsenden Fluggesellschaft aus. Diese kann Qatar Airways nun über Nacht nicht mehr anbieten. Es bleibt der Fluglinie nur das kleine Bahrain als Ankunfts- und Abflugroute, von wo es dann weiter in den iranischen Luftraum geht.

Kurzfristig sind Zehntausende Passagiere betroffen, denn die Fluggesellschaft kann zahlreiche Ziele vor allem in Saudi-Arabien nicht mehr anfliegen. Die Reisenden müssen nun auf andere Airlines ausweichen oder womöglich für Tage in Hotels untergebracht werden. Auf vielen anderen Strecken, die bislang durch den Luftraum der vier Länder geführt haben, verlängert sich die Flugzeit stark, manche könnten dadurch sogar wirtschaftlich oder operationell unmöglich werden.

Doch die diplomatische Krise gefährdet auch längerfristig das Geschäftsmodell der Fluggesellschaft. Stärker als andere Anbieter ist Qatar Airways von Zubringerverkehr abhängig. Das Geschäftsmodell basiert darauf, Passagiere aus der Region und anderen Märkten wie Europa zum Drehkreuz in Doha zu fliegen und dort auf Langstreckenflüge nach Asien oder Amerika umzuverteilen. Nun aber fehlen auch Passagiere für die Anschlussflüge, die so schnell unwirtschaftlich werden könnten.

Die Not des Unternehmens könnten auch für Airbus zur Gefahr werden

Die Krise trifft Qatar Airways in einer sowieso schon sehr schwierigen Phase. Der in den vergangenen Jahren stark gesunkene Ölpreis hat die Nachfrage aus wichtigen Märkten in der Region gedämpft, weil etwa Manager aus der Energiewirtschaft weniger reisen. Der Reisebann, den die US-Regierung für einige muslimisch geprägte Länder angedroht hat, war ein weiterer Schlag. Seit März sind die Fluggesellschaften vom Persischen Golf zudem die Hauptleidtragenden des Verbots von Laptops und Tablets in Flugzeugkabinen, der seither für zehn Flughäfen in der Region gilt. Nach Auskunft von Brian Pearce, dem Chefökonomen der International Air Transport Association (IATA) ist die Nachfrage nach Flügen vom Nahen Osten nach Nordamerika erstmals zurückgegangen. Emirates, der größte Anbieter in der Region, hat schon vor Wochen angekündigt, die Kapazität für die USA um 20 Prozent zu streichen.

Die drei großen Anbieter vom Golf haben Hunderte Flugzeuge bestellt, doch sie tun sich immer schwerer damit, diese auch zu füllen. "Wir sehen eine typische Entwicklung im Luftverkehr", sagt Chef-Ökonom Pearce. "Die Bestellungen laufen schneller ein, als der Markt wächst." Sollte Qatar Airways wichtige Teile ihres Kurz- und Mittelstreckennetzes länger nicht mehr bedienen dürfen, wäre das auch für Airbus eine Gefahr. Qatar Airways hat 46 Maschinen der A320neo-Familie sowie 66 Langstreckenjets vom Typ A350 fest bestellt. Die A320neo-Jets sind für Kurz- und Mittelstreckenflüge in der Region bestimmt, die A350 fliegt vor allem nach Europa und Asien. Boeing müsste ebenfalls um viele Aufträge fürchten, Qatar Airways hat 104 Langstreckenjets bei dem US-Hersteller bestellt.

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