Flughafen Hahn:Unter den Wolken

Flughafen Hahn

Der Hunsrück-Flughafen war stets von der Billigfluggesellschaft Ryanair abhängig. Die startet und landet inzwischen aber lieber anderswo.

(Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)

Der erste Versuch, den defizitären Airport zu verkaufen, scheiterte kläglich. Nun soll es sechs seriöse Bieter geben. Gerettet sind aber weder die Arbeitsplätze noch die Landesregierung.

Von Susanne Höll, Mainz

Im Sommer hätte nicht einmal Roger Lewentz selbst auf seine eigene politische Zukunft gewettet. Der Mann ist Landesinnenminister und Vorsitzender der regierenden SPD in Rheinland-Pfalz. Vor einem halben Jahr hatte er mit dem gescheiterten Verkauf des Flughafens Hahn an einen Möchtegern-Investor sich selbst und sein Land schwerst blamiert. Inzwischen kann Lewentz sich seiner Wiederwahl zum SPD-Chef auf dem Parteitag im Dezember ziemlich sicher sein. Zu verdanken hat er das einem soignierten Unternehmensberater, dem Ex-Geheimagenten Werner Mauss und auch sich selbst.

Der chinesische Bieter erwies sich als Luftnummer. Und die Tage des Innenministers schienen gezählt

Keiner, der in der rheinland-pfälzischen SPD etwas zu sagen hat, stellt Lewentz derzeit infrage. Vor Beginn der Sommerpause war das noch anders. Damals erfuhr die erstaunte Welt, dass die Landesregierung in Person des Ministers Lewentz den Bieterprozess um den chronisch defizitären Regionalairport Hahn im Hunsrück versiebt hatte. Der chinesische Bieter, den man beglückt der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, zahlte nicht und hatte, wie man nach Recherchen von Journalisten erfuhr, nicht einmal die notwendige staatliche Genehmigung für Auslandsgeschäfte.

Die damals gerade neu gewählte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) machte ihren Innenminister für das Debakel verantwortlich, die sozialdemokratische Landtagsfraktion in Mainz war aufgebracht, und Lewentz schaute verdrießlich einher in diesen Tagen. Dank größter Disziplin überstand die Ampelfraktion aus SPD, FDP und Grünen ein ihr sehr unangenehmes Misstrauensvotum der CDU, der großen Oppositionspartei im Mainzer Landtag. Das war's mit Lewentz, glaubten auch viele Rote im Sommer.

Von wegen. Zwar ist das für Rheinländer und Pfälzer bedeutsame Schicksal des Flughafens Hahn längst nicht zum Guten gewendet. Im zweiten Verkaufsprozess meldeten sich 13 Interessierte, von denen nun sechs in der engeren Wahl sind. Ob darunter ernst zu nehmende Angebote sind, gibt, weiß kein Mensch. Aber Lewentz ist wieder mit dabei. In seinem Ministerium informierte er am Mittwoch in einem sogenannten Hintergrundgespräch mit Journalisten. Er wirkte reserviert, keinesfalls aber verdrießlich.

Erfreut sei er über das Echo im zweiten Verkaufsprozess. Immerhin sechs dem Anschein nach ernsthafte Bieter - das sei nicht schlecht. Aber der Mann hat aus seinen Fehlern gelernt. Keine Entwarnung für die rund 300 Beschäftigten der Flughafengesellschaft Hahn, die seit Langem auf für sie beruhigende Nachrichten aus Mainz warten. "Für eine inhaltliche Bewertung der Angebote ist es noch zu früh", sagt Lewentz.

Das stimmt. Niemand kann derzeit sagen, ob der für die Staatskasse so teure Airport erhalten werden kann. Auch nicht Martin Jonas von der Beratungsgesellschaft Warth&Klein, einen anerkannten und erfahrenen Experten in Sachen Firmenübernahmen. Er wurde nach der Blamage vom Sommer von der Landesregierung als Berater engagiert. Mit der bisherigen Unternehmensberatung KPMG streitet die Regierung immer noch, wer die Schuld dafür trägt, dass der Hochstapler aus dem ersten Verkaufsprozess nicht früher entlarvt wurde.

Jonas gilt als seriöser Mensch, der nicht indiskret ist, aber klare Botschaften verbreitet und ein ausgesprochen wohltemperierter Charakter zu sein scheint. Der Verkauf werde eine mühevolle Angelegenheit, über die Chancen sagt er bei dem Treffen im Ministerium kein Wort. Einigermaßen sicher ist nur, dass alsbald mit zwei oder drei Bewerbern ernsthaft verhandelt wird. Eine endgültige Entscheidung über die Zukunft des Hahns wird es dieses Jahr wohl nicht mehr geben. Jonas ist der neue Guru der Landesregierung. Von seinem Votum wird vieles, womöglich alles abhängen.

Auch die Frage, ob der finanziell darbende Flughafen alsbald Hilfe aus Steuergeld erhält. Ende November dürften die Mittel des Airports am Ende sein, dann müsste ein Staats-Darlehen gewährt werden, allerdings nur, wenn eine erfolgreiche Fortführung des Geschäfts gesichert erscheint. Die Regierungsleute werden sich dabei auf das Urteil von Jonas verlassen. Und hoffen, dass sie diese Klippe meistern können. Ansonsten wäre der Flughafen alsbald pleite, womöglich vor dem SPD-Parteitag am 10. Dezember. Aber selbst dann dürfte Lewentz im Amt bleiben. Schließlich habe er sich im zweiten Anlauf bemüht, die Scharte mit dem Schein-Investor aus Shanghai auszuwetzen, sagen namhafte SPD-Politiker.

Neue schmerzhafte Kritik der CDU müssen Lewentz und die SPD nicht befürchten. Die kann sich nicht der Oppositionsarbeit widmen, sondern muss eigene unangenehme Dinge klären, nämlich falsch deklarierten Spenden des Ex-Agenten Mauss. Lewentz mochte sich darüber öffentlich nicht auslassen. Nur ein Satz dazu: "Hat (die CDU-Chefin) Julia Klöckner dazu ein Hintergrundgespräch geführt?" fragt er rhetorisch. Nein, das hat sie bislang nicht.

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