Flughafen Berlin Brandenburg:Macht besiegt Verantwortung

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Klaus Wowereit und Matthias Platzeck auf einer Pressekonferenz zum Flughafen BER. (Foto: dpa)

In Berlin stützt die Koalitions-CDU den Regierenden Bürgermeister Wowereit, in Potsdam empört sie sich als Oppositionspartei über Ministerpräsident Platzeck. Die Linke macht es umgekehrt. Es ist bemerkenswert, wie schnell politische Verantwortung sich verflüchtigt, wenn es auf den Machterhalt ankommt.

Ein Kommentar von Kurt Kister

Politische Verantwortung ist etwas Abstraktes. Wäre sie das nicht, sondern etwas Gegenständliches, könnte man also ihren Aggregatszustand beschreiben, dann wäre politische Verantwortung flüssig - und ihr Wasseranteil wäre in Berlin und Umgebung besonders groß. Derzeit lässt sich am Beispiel des Berliner Nicht-Flughafens beobachten, wie schnell und rückstandsfrei politische Verantwortung zu verdunsten scheint.

In den letzten Tagen gab es in Berlin und Potsdam im Zusammenhang mit dem auch von den Mitschuldigen sogenannten Flughafen-Desaster zwei Abstimmungen über den jeweiligen Regierungschef. In Berlin scharten sich SPD und CDU hinter Wowereit; die anderen, unter ihnen auch die Linke, attackierten ihn heftig. In Potsdam wiederum stützten SPD und Linke den Ministerpräsidenten Platzeck, er wurde scharf gerade von der CDU angegriffen.

Wowereit und Platzeck haben im Aufsichtsrat der Flughafen-Gesellschaft in schöner Einigkeit gepennt, geschludert und zum Desaster beigetragen. In Berlin findet das die Koalitions-CDU nicht so schlimm, in Potsdam dagegen empört sie sich als Oppositionspartei Die Linke verhält sich ganz genauso, nur geografisch umgekehrt. Die Botschaft lautet: Solange wir mit an der Regierung sind, ist es uns egal, was wir sagen würden, wenn wir in der Opposition wären. Es kommt auf die Macht an, nicht etwa auf Verantwortung oder gar Wahrheit.

Verantwortung bedeutet in der verdunstungsaffinen Form, dass Wowereit als der Vorsitzende des Wegschaurats der BER-Gesellschaft sein Amt an den bisherigen Stellvertreter Platzeck übergibt. Das finden SPDCDULinke richtig, wenn auch nicht immer zur gleichen Zeit und am gleichen Ort. Ist aber bequemer so, weil man im schlimmsten Falle ja sogar die eigene Regierungsbeteiligung anzweifeln müsste.

Ramsauer steht nicht viel besser da

Der Dritte im Bunde würde gerne der berühmte lachende Dritte bleiben. Das ist der Verkehrsminister Ramsauer (CSU), der mit seinen Hintersassen in den diversen BER-Gremien ebenfalls so aufmerksam war, dass sie alle von nun an gelbe Armbinden mit drei schwarzen Punkten tragen müssten, wenn dies nicht die wirklich Sehbehinderten diskriminieren würde. Zwar sind die Chefs der Länder Berlin und Brandenburg die Symbolfiguren für das Debakel, aber Ramsauer und die von ihm repräsentierte Bundesregierung stehen auch nicht viel besser da.

Nein, dies ist keine allgemeine Politikschelte. Konkret zu benennende Politiker haben Fehler gemacht, die im Falle Wowereits zum Beispiel mit seiner Sonnenkönigs-Wurstigkeit zu tun haben. Das Großprojekt Flughafen war falsch organisiert und zu wenig kontrolliert, was man wesentlich früher hätte merken können. Aber dennoch schaden die Beteiligten jetzt durch ihre Reaktionen dem Ansehen "der" Politik. Da werden Abermillionen in den märkischen Sand gesetzt und es gibt nur zwei folgenlose Vertrauensvoten, etwas parteipolitisches Hickhack und ansonsten business as usual.

© SZ vom 16.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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