Flüchtlingsstrom aus Afrika:Italien will das Mittelmeer stärker überwachen

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Die Schiffsunglücke im Mittelmeer mit Hunderten Toten rütteln die Politiker auf. Italien und Malta drängen auf Unterstützung von den EU-Partnern. Die Regierung in Rom kündigte an, die Region mit Militär und Küstenwache stärker zu kontrollieren.

Nach dem Tod Hunderter Menschen bei den jüngsten Bootskatastrophen im Mittelmeer fordern Italien und Malta eine Kehrtwende in der EU-Flüchtlingspolitik. Italien kündigte darüber hinaus eine Verstärkung seiner Marinepräsenz in der Region an. "Wir brauchen entschlossene Maßnahmen, um diese Schiffswracks am Auslaufen zu hindern", sagte Verteidigungsminister Mario Mauro.

Ministerpräsident Enrico Letta und sein maltesischer Kollege Joseph Muscat forderten europäische Schritte zur Bewältigung des Zustroms an Flüchtlingen aus Afrika, womit sich die Union bisher schwer tut. Das Mittelmeer drohe zum Friedhof zu werden, warnte Muscat.

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Ein Kommentar von Sebastian Schoepp

Letta kündigte am Samstagabend eine verstärkte Präsenz der italienischen Marine zu Wasser und in der Luft an. Verteidigungsminister Mauro ergänzte in einem Interview der Zeitung Avveniere: "Wir beabsichtigen eine Verdreifachung unserer Präsenz an Menschen und Material für einen militärisch-humanitären Einsatz im südlichen Mittelmeer, der zum Teil deshalb notwendig ist, weil Libyen derzeit ein 'Nicht-Staat' ist."

Libyen ist der Ausgangspunkt für viele Flüchtlingsboote

Das nordafrikanische Land wird von schweren Unruhen erschüttert und ist häufig Ausgangspunkt für Flüchtlinge, die sich mit überfüllten und kaum seetüchtigen Schiffen auf den Weg nach Europa machen. Zusätzlich zur Küstenwache und Grenzpolizei hat die italienische Marine gegenwärtig drei Kriegsschiffe in der Region im Einsatz, die von vier Hubschraubern und zwei Aufklärungsflugzeugen mit Nachtsichtgeräten unterstützt werden. Medienberichten zufolge könnte auch eine unbemannte Drohne eingesetzt werden.

Gut eine Woche nach der Katastrophe vor der italienischen Insel Lampedusa, bei der weit über 300 Menschen ertranken, sank dort am Freitag erneut ein Schiff mit Flüchtlingen. 34 Menschen überlebten den Untergang des Bootes etwa 100 Kilometer vor der Insel nicht. Italienischen und maltesischen Kriegsschiffen gelang es jedoch, mehr als 200 Schiffbrüchige aus dem Meer zu retten. Am Samstag barg die italienische Küstenwache mehr als 200 weitere Flüchtlinge, deren Boote in Seenot geraten waren.

Der Süden Europas erlebt seit zwei Jahrzehnten eine wachsende Zuwanderung von Flüchtlingen aus Nordafrika. Nach UN-Schätzungen landeten dieses Jahr 32.000 Menschen auf Malta und der kleinen Insel Lampedusa. Die Lage hat sich infolge des Bürgerkriegs in Syrien sowie der Unruhen in Ägypten und Libyen noch verschärft. Der libysche Ministerpräsident Ali Seidan sprach sich für koordinierte europäische Aktionen gegen den Flüchtlingsstrom aus. Er traf am Sonntag in Tripolis mit Muscat zusammen. Bei seinem Blitzbesuch in der libyschen Hauptstadt machte Muscat allerdings klar, dass Fortschritte erst erzielt werden könnten, wenn die Stabilität in Libyen wiederhergestellt sei.

Auch in Deutschland haben die Unglücke eine Debatte ausgelöst

Die für Innenpolitik zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malström kritisierte: "Nach der Tragödie von Lampedusa haben wir Solidaritätsbekundungen aus allen EU-Staaten gehört, aber diese werden leere Hülsen bleiben, wenn ihnen keine Taten folgen." Malström hat angeregt, die EU-Grenzschutzagentur Frontex stärker für Rettungseinsätze im gesamten Mittelmeer auszustatten.

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Die Unglücke vor Lampedusa haben auch in Deutschland die Debatte über die Flüchtlingspolitik neu entfacht. Die aktuellen Geschehnisse seien ein Wendepunkt, sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner dem Tagesspiegel am Sonntag. Man dürfe nicht darüber hinweggehen und sich "auf geografische Antworten zurückziehen", sagte sie. "Wir tragen Verantwortung, auch wenn wir keine Küste haben, an der Flüchtlinge stranden."

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann forderte, die unkontrollierte Einwanderung von Flüchtlingen müsse durch eine EU-Einwanderungspolitik ersetzt werden. Dies habe die Bundesregierung verhindert, kritisierte er. Dieses Thema könnte auch bei den Sondierungsgesprächen von Union und SPD am Montag auf den Tisch kommen.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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