Flüchtlingspolitik:Regierung will Asylbewerber mit Prämien zur Rückkehr bewegen

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  • Abgelehnte Asylbewerber erhalten Sachleistungen, wenn sie freiwillig in ihre Heimat zurückkehren.
  • Das Bundesinnenministerium fördert die Rückkehr mit Sachleistungen in Höhe von bis zu 1000 Euro. Familien stehen 3000 Euro zu.
  • Die Zahl der Asylanträge ist im Vergleich zum Vorjahr drastisch zurückgegangen.
  • In der Union bahnt sich ein Konflikt über Abschiebungen nach Syrien an.

Die Bundesregierung will abgelehnte Asylbewerber mit finanziellen Anreizen dazu bringen, in ihr Heimatland zurückzukehren. Flüchtlinge können ab sofort einen Wohnkostenzuschuss beantragen, wenn sie Deutschland freiwillig verlassen. Das Programm trägt den Namen "Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!" und ist bis zum 28. Februar 2018 befristet.

Familien erhalten einmalig Sachleistungen in Höhe von bis zu 3000 Euro, etwa für Miete, Bau- und Renovierungsarbeiten. Für Einzelpersonen liegt der Maximalbetrag bei 1000 Euro. Die Förderung ergänzt das Rückkehrprogramm "Starthilfe Plus", das im vergangenen Februar gestartet war. Bislang erhalten Asylbewerber 1200 Euro, wenn sie eine freiwillige Rückkehr beantragen, bevor ihr Verfahren abgeschlossen ist. Falls der Antrag bereits abgelehnt wurde, gibt es 800 Euro. Für Kinder unter zwölf Jahren gelten die halben Summen.

Die eine Hälfte wird noch in Deutschland ausgezahlt, die andere erst in der Heimat. Im Gegenzug müssen sich die Betroffenen verpflichten, dass sie nicht juristisch gegen einen negativen Asylbescheid vorgehen - falls sie schon einen haben. Und eine Wiedereinreise nach Deutschland soll ausbleiben: Wer trotzdem wiederkommt, muss die Hilfen zurückzahlen.

Die Zahl der Asylanträge geht deutlich zurück

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) appellierte in der Bild am Sonntag (BamS) an die Ausreisepflichtigen, von dem Angebot Gebrauch zu machen: "Wenn Sie sich bis Ende Februar für eine freiwillige Rückkehr entscheiden, können Sie neben einer Starthilfe erstmals eine Wohnkostenhilfe für die ersten zwölf Monate in Ihrem Herkunftsland erhalten."

Der BamS zufolge haben zwischen Februar und Oktober 2017 8639 Menschen die Zuschüsse von "Starthilfe Plus" in Anspruch genommen. Das Programm ist aber nur eine von mehreren Initiativen zur Rückkehrförderung. Auf eine kleine Anfrage der Linken-Fraktion antwortete die Bundesregierung, dass zwischen Januar und September knapp 25 000 Personen eine Rückkehrförderung bewilligt worden sei, darunter 18 000 abgelehnten Asylbewerbern.

Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine weitere kleine Anfrage der Linken-Fraktion geht hervor, dass sich Ende September rund 114 000 ausreisepflichtige Personen mit abgelehnten Asylantrag in Deutschland aufhielten. 83 000 von ihnen lebten mit einer Duldung

Nach Angaben des Innenministeriums haben in den ersten zehn Monaten des Jahres rund 187 000 Menschen Asyl in Deutschland beantragt. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum noch knapp 694 000. Bis Oktober hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BamF) über 546 000 Asylanträge entschieden und 211 000 abgelehnt (38,6 Prozent). Ende Oktober gab es noch 87 000 offene Verfahren.

Union uneins, ob nach Syrien abgeschoben werden soll

Indes bahnt sich in der Union ein Konflikt über Abschiebungen nach Syrien an. Die Innenminister von Sachsen (CDU) und Bayern (CSU) hatten beantragt, bei der die Innenministerkonferenz kommende Woche zu beschließen, Flüchtlinge aus Syrien wieder zurück in ihre Heimat abzuschieben. Dem widersprachen der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung Peter Altmaier und der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder.

"Der Bürgerkrieg ist nicht beendet, und viele Menschen sind vor dem Assad-Regime geflohen, das ja nach wie vor an der Macht ist", sagte Altmaier der BamS. Viele Flüchtlinge kehrten mittlerweile freiwillig In den Irak zurück. "Diese Entwicklung sehen wir bei Syrien noch nicht." Ähnlich äußerte sich Kauder in der Welt am Sonntag.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hält die Forderung der Innenminister für eine Reaktion auf die AfD. "Die von der Union angestoßene Diskussion ist innenpolitisch motiviert, um der AfD Wähler abzujagen", sagte Geschäftsführer Günther Burkhardt. "Die Debatte richtet integrationspolitischen Schaden an. Arbeitgeber werden keine Syrer ausbilden oder anstellen, wenn sie befürchten müssen, dass diese bald wieder weg sind."

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