Solange die Rollen in der Flüchtlingspolitik zwischen Dänemark und Schweden klar verteilt waren, lief es gut zwischen ihnen. Die Dänen setzen mit ihren strengen Asylgesetzen auf Abschreckung, die Schweden mit großzügigen Regeln auf Offenheit. Die Mehrzahl der Flüchtlinge nutzte Dänemark bloß zur Durchreise nach Schweden. Doch das ist jetzt nicht mehr so einfach.
Schweden, das in diesem Jahr etwa zehn Mal so viele Flüchtlinge aufgenommen hat wie Dänemark, hat im November seinen Kurs geändert, Grenzkontrollen eingeführt und die Regeln für Asylsuchende verschärft. Die große Anzahl der Neuankömmlinge überforderten das Land schlicht, erklärte die Regierung in Stockholm. Die Regierung in Kopenhagen schäumte, als das Nachbarland Flüchtlinge dazu aufrief, lieber in Deutschland oder Dänemark zu bleiben, weil es in Schweden keinen Schlafplätze mehr gäbe.
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Schweden will seine Grenzkontrollen verstärken, Dänemark zieht nach
Mit dem Beschluss der rot-grünen schwedischen Regierung, die Grenzkontrollen von Anfang Januar an zu verstärken, geht der Streit in die nächste Runde. Die Regierung in Stockholm hatte ein Gesetz erwogen, mit dem sie bei zu großem Andrang die Öresundbrücke zwischen Kopenhagen und Malmö sperren könnte. Über die Brücke fahren täglich etwa 18 000 Pendler.
Nach heftiger Kritik ließ die Regierung von den Vorhaben ab. Sie plant allerdings weiterhin, Betreiber von Bussen, Bahnen und Fähren zu verpflichten, die Pässe der Passagiere zu kontrollieren. Das schwedische Parlament soll diese Woche über das Gesetz abstimmen.
Der liberale dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen fürchtet nun, sein Land könnte zur Endhaltestelle für Flüchtlinge werden, die eigentlich nach Schweden, Norwegen oder Finnland weiterziehen möchten. Am Freitag hat das dänische Parlament daher beschlossen, das Problem notfalls an Deutschland weiterzugeben - indem es Dänemarks Grenzen im Süden kontrolliert.
Auch die dänische Regelung verpflichtet Betreiber von Bussen und Bahnen, Pässe zu überprüfen, wenn die Regierung dies verlangt. Er wolle nicht die schwedische Einwanderungspolitik übernehmen, so Rasmussen, er sei von der Sorge um Dänemark getrieben. "Wir müssen alles tun, was vernünftig ist, um die Zahl der Asylsuchenden so gering wie möglich zu halten."
Dänemark müht sich, die schärfsten Asylgesetze im Norden zu haben
Dänemark ist seit vielen Jahren bemüht, die strengsten Asylgesetze im Norden zu haben. Erst im November hatte die Regierung 34 neue Regeln vorgeschlagen. 13 davon hat das Parlament im Eilverfahren abgenickt, darunter Regeln, die es der Polizei erleichtern, Flüchtlinge festzuhalten.
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Das übrige Paket ist Anfang Dezember zunächst an der Dänischen Volkspartei gescheitert. Die Rechtspopulisten hatten ihre Zustimmung daran geknüpft, dass Dänemark Flüchtlingsdörfer einrichte, um Asylsuchende von der dänischen Gesellschaft abzugrenzen. Migrationsministerin Inger Støjberg wird ihr Gesetz wohl trotzdem durchs Parlament bekommen.
Beispielsweise müssten Neuankömmlinge dann drei Jahre darauf warten, ihre Familien nachholen zu dürfen. Sie sollen möglichst auch selbst für ihre Unterkunft aufkommen. Die dänische Polizei darf dafür ihr Gepäck nach Wertgegenständen und Geld durchsuchen. "Das ist eine breite Palette an Sparmaßnahmen, die uns die stricktesten Asylregeln von allen Ländern um uns herum verleihen", so Støjberg.
In Schweden, das pro Kopf die meisten Flüchtlinge in Europa aufnimmt, muss das wie Hohn klingen. Als der schwedische Migrationsminister Morgan Johansson die neuen Grenzkontrollen vorstellte, sagte er, Schweden habe das Limit seiner Aufnahmefähigkeit erreicht - Dänemark nicht.
Der dänische Regierungschef Rasmussen reagierte umgehend. Es sei nicht Schwedens Sache zu bewerten, wo Dänemarks Schmerzgrenze liege, sagte er im dänischen Fernsehen. Überhaupt sei Schwedens Zuwanderungspolitik der Grund dafür, dass das Land vor Problemen stünde. Schweden dürfe sie nicht auf Kosten anderer lösen.